In der Publikation «Potentielle Verunreinigungen mit Nitrosaminen: Aufforderung zur Risikoevaluation» im Swissmedic Journal 11/2019 bzw. der Mitteilung auf der Swissmedic Homepage vom 03. April 2020 wurden die Zulassungsinhaberinnen aller Arzneimittel mit chemisch-synthetischen Wirkstoffen (API) aufgefordert, Vorsichtsmassnahmen zu ergreifen, um das Risiko einer Kontamination mit Nitrosaminen zu senken. Dies soll sowohl für zugelassene, auf dem Markt befindliche Arzneimittel, als auch für Arzneimittel, die derzeit zur Neuzulassung angemeldet sind oder zur Neuzulassung angemeldet werden sollen, gelten. Nachstehend werden die Anforderungen an die Zulassungsdokumentation aller Arzneimittel mit chemisch-synthetischen Wirkstoffen in der Neuzulassung präzisiert. Diese Anforderungen stützen sich auf die derzeit gültigen EMA Publikationen:
- Guideline “Questions and answers on Information on nitrosamines for marketing authorisation holders» (EMA/CHMP/428592/2019 Rev.3; Question 13. «What is the approach for new and ongoing marketing authorisation applications (MAA)?”)
- Guideline ”Information on nitrosamines for marketing authorisation holders: Request to evaluate the risk of the presence of nitrosamine impurities in human medicinal products containing chemically synthesised active pharmaceutical ingredients” (EMA/189634/2019; 19 September 2019)
Arzneimittel, die zur Neuzulassung eingereicht werden sollen
Bei Einreichung ist den Zulassungsunterlagen eine Risikoevaluation («Risk Evaluation») über die Entstehung und das Vorkommen von potentiellen Nitrosaminen im Arzneimittel beizufügen. Sollte die Risikoevaluation ein potentielles Risiko in einem oder in mehreren Teilschritten der Herstellung oder im Stabilitätsverhalten identifizieren, so ist zusätzlich ein umfassendes Risikogutachten («Risk Assessment») einzureichen. Dieses beinhaltet auch eine Bewertung des Einflusses auf das Nutzen/Risiko-Verhältnis, eine Strategie zur Risikominimierung und einen Prüfplan für bestätigende analytische Untersuchungen resp. bestätigende analytische Prüfergebnisse (Bestätigungstests).
Arzneimittel, die bereits zur Neuzulassung angemeldet sind
Fehlende Unterlagen zur Risikoevaluation bzw. zum Risikogutachten im Rahmen der Begutachtung von eingereichten Zulassungsunterlagen werden in allen Fällen in der «List of Questions» nachverlangt. Sollten zu diesem Zeitpunkt noch keine ausreichenden Informationen und/oder eine Bewertung des Risiko-/Nutzen-Verhältnisses vorliegen, so müssen diese in einer späteren Phase eingereicht werden.
Das Vorliegen dieser Unterlagen ist eine Voraussetzung für die spätere Zulassung des Arzneimittels.
Umfang einer Risikoevaluation/Risikogutachtens
Risikoevaluation und Risikogutachten müssen die gesamte Herstellkette des Arzneimittels mit allen Teilschritten der Herstellung umfassen. Die Herstellung eines Arzneimittels als Summe aller Teilschritte umfasst die Synthese des Wirkstoffes unter Einbezug der verwendeten Startmaterialien und Reagenzien, die galenische Formulierung des Wirkstoffes mit den pharmazeutischen Hilfsstoffen und den dabei verwendeten Hilfsmitteln sowie den Primär- und Sekundärverpackungsprozess. Das Stabilitätsverhalten des Arzneimittels ist ebenfalls zu berücksichtigen.
Dokumentation einer Risikoevaluation/Risikogutachtens
Wirkstoff: Unterlagen zur Risikoevaluation und/oder zum Risikogutachten der Entstehung und des Vorkommens von potentiellen Nitrosaminen im Wirkstoff sind vorzugsweise in die CTD Kapitel 3.2.S.2.6 Manufacturing process development, 3.2.S.3.2 Impurities und/oder 3.2.S.4.5 Justification of specification einzuarbeiten. Abhängig vom Ergebnis können weitere CTD Kapitel betroffen sein (z.B. 3.2.S.2.3 Control of Materials, 3.2.S.2.4 Control of Critical Steps and Intermediates).
Arzneimittel: Unterlagen zur Risikoevaluation und/oder zum Risikogutachten der gesamthaften Entstehung und des Vorkommens von potentiellen Nitrosaminen im Arzneimittel sind vorzugsweise im CTD Kapitel 3.2.P.5.6 Justification of specification zu präsentieren. Abhängig vom Ergebnis können weitere CTD Kapitel betroffen sein (z.B. 3.2.P.3.4 Control of Critical Steps and Intermediates).
Die neuen Anforderungen treten per sofort in Kraft.