Der Bundesrat hat die Anpassungen der Verordnungen des Humanforschungsgesetzes gutgeheissen und diese am 7. Juni 2024 verabschiedet. Die Anpassungen stärken den Schutz von Personen, die an der Forschung teilnehmen und verbessern, dort wo möglich, die Rahmenbedingungen für die Forschenden. Die angepassten Verordnungen treten am 1. November 2024 in Kraft, mit Ausnahme der Bestimmungen zur Transparenz. Diese treten am 1. März 2025 in Kraft.
07.06.2024
Anpassung des Humanforschungsrechts an technologische und gesellschaftliche Veränderungen
Mit den am 7. Juni 2024 verabschiedeten Änderungen der vier Verordnungen zum HFG werden einige Verbesserungen an die Hand genommen und die Vorgaben an die technologischen, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen und an internationale Entwicklungen angepasst.
Geänderte Verordnungen
Im Rahmen der Teilrevision wurden die vier Verordnungen zum Humanforschungsgesetz geändert.
Die provisorischen Änderungserlasse zu den folgenden Verordnungen und die dazugehörigen Erläuterungen sind über die Webseite «Rechtsetzungsprojekt: Revision des HFG-Verordnungsrechts» des BAG unter dem Reiter «Dokumente» abrufbar:
- Änderungserlass zur Verordnung über klinische Versuche (KlinV)
- Änderungserlass zur Verordnung über klinische Versuche mit Medizinprodukten (KlinV-Mep)
- Änderungserlass zur Humanforschungsverordnung (HFV)
- Änderungserlass zur Organisationsverordnung zum Humanforschungsgesetz (OV-HFG)
- Erläuterungen zu den Verordnungsänderungen
Die endgültigen Änderungserlasse werden zu einem späteren Zeitpunkt in der Amtlichen Sammlung veröffentlicht.
Die vollständigen Texte der revidierten Verordnungen werden erst in einigen Wochen in der Systematischen Rechtssammlung veröffentlicht.
Sobald diese jeweils verfügbar sind, werden wir Sie hier informieren.
Gestaffeltes Inkrafttreten ab 1. November 2024
Die neuen Regelungen treten per 1. November 2024 in Kraft. Davon ausgenommen sind die neuen Regelungen zur Transparenz (bspw. die Pflicht zur Veröffentlichung einer Zusammenfassung der Versuchsergebnisse), welche erst am 1. März 2025 in Kraft treten. Das erlaubt es, die elektronischen Systeme an die neuen Vorgaben anzupassen.
Übergangsbestimmungen für bereits bewilligte Forschungsprojekte
(vgl. Änderungserlasse Art. 72 KlinV, Art. 48b KlinV-Mep sowie Art. 49 HFV)
Für klinische Versuche und Forschungsprojekte, die nach heute geltendem Recht bewilligt wurden oder vor dem 1. November 2024 noch bewilligt werden, gelten folgende Übergangsbestimmungen:
- Die Haftungs-, Sicherstellungs- und Aufbewahrungspflichten für Forschungsprojekte nach KlinV, KlinV-Mep sowie HFV richten sich auch nach dem 1. November 2024 nach heute geltendem Recht.
- Die neuen Melde-, Berichterstattungs-, und Dokumentationspflichten bei laufenden klinischen Versuchen nach KlinV gelten grundsätzlich ab 1. November 2024. Forschende dürfen diese Pflichten bei Bedarf aber noch bis zum 31. Oktober 2025 nach geltendem Recht erfüllen.
- Die zweijährige Frist bis zur Einreichung des Gesuchs bei der zweiten Bewilligungsbehörde sowie die zweijährige Frist bis zum Einschluss der ersten teilnehmenden Person bei klinischen Versuchen nach KlinV beginnen erst ab dem 1. November 2024 zu laufen.
- Die neuen Vorgaben zur Kategorisierung eines klinischen Versuchs mit Arzneimitteln können auch auf Versuche angewendet werden, die nach geltendem Recht bewilligt wurden. Forschende können bis 31. Oktober 2025 eine Anpassung der Kategorie nach neuem Recht beantragen, wenn sie das wünschen.
Übergangsbestimmung zur Transparenz für klinische Versuche nach KlinV
(vgl. Art. 72 Abs. 1 KlinV)
- Die Pflicht zur Publikation der Zusammenfassung von Ergebnissen innerhalb eines Jahres nach Abschluss eines klinischen Versuchs nach KlinV gilt ab 1. März 2025 für alle Versuche, die nach dem 1. März 2025 abgeschlossen werden. Sie gilt nicht für Versuche, die vor dem 1. März 2025 abgeschlossen werden.
Weitere Informationen zu den neuen Vorgaben und zu den Übergangsbestimmungen werden mit den Vollzugsbehörden erarbeitet und zur gegebenen Zeit hier und auf den Webseiten von Swissmedic und swissethics publiziert.
Was sind die wichtigsten Änderungen für Forschende?
Förderung günstiger Rahmenbedingungen für die Forschung
- Die technischen Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung werden besser berücksichtigt: neu können Forschende die Einwilligung von Forschungsteilnehmenden auf elektronischem Wege einholen (sogenannter e-Consent).
(KlinV: Art. 7c (neu), auch anwendbar in der KlinV-Mep via Art. 3 Abs. 1 Bst. b (geändert); HFV: Art. 8c (neu))
- Die Vorgaben für die korrekte Anonymisierung und Verschlüsselung von gesundheitsbezogenen Personendaten und biologischem Material werden an die technischen Entwicklungen im Bereich der Datenbearbeitung angepasst, um die Risiken besser abschätzen zu können. Für die Sicherstellung der Qualität in diesem Bereich müssen Vollzugsbehörden und Forschende neu gewisse Kenntnisse sicherstellen.
(HFV: Art. 25 und 26 (geändert); KlinV: Art. 6 Abs. 1 Bst. c (neu), KlinV-Mep: Art. 5 Abs. 1 Bst. d (neu); HFV: Art. 4 Abs. 1 Bst. d (neu); OV-HFG: Art. 1 Abs. 1 Bst. a Zif. 9 (neu))
- Um länderübergreifende Forschungsprojekte zu erleichtern, werden in der KlinV punktuelle Anpassungen an die Verordnung (EU) Nr. 536/2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln (CTR) vorgenommen. Dies betrifft insbesondere Regelungen zu Meldungen, zur Berichterstattung und zu Fristen bei klinischen Versuchen mit Arzneimitteln. Diese gelten auch für übrige klinische Versuche und klinische Versuche der Transplantation.
(KlinV: Art. 23 Abs. 1bis – 1quater (neu), 23a (neu), 38 – 41 (geändert), 44a (neu), Art. 50 Abs. 1bis – 1quater (neu), 51 und 57 (geändert), 57a und 57b (neu), 62 (geändert))
-Gewisse Arzneimittelversuche fallen neu in die Kategorie B statt in die Kategorie C.
(KlinV: Art. 19 (geändert) und Anhang 2bis (neu))
- Mit der neu eingeführten Definition des Abschlusses eines Forschungsprojektes und einer neuen Bestimmung zur Aufbewahrungspflicht werden in der HFV bei Forschungsprojekten mit Personen offene Fragen bezüglich der Aufbewahrungsdauer der Daten geklärt.
(HFV: Art. 6a und 23a (neu))
Weitere Verbesserung des Schutzes der an der Forschung teilnehmenden Personen
- Die Aufklärung von Studienteilnehmenden wird weiter verbessert. Forschende müssen konkrete Vorgaben erfüllen, die zu einer verständlichen Aufklärung von teilnehmenden Personen beitragen. Zudem müssen sie bei der Aufklärung ein besonderes Augenmerk auf mögliche Zufallsbefunde legen.
(KlinV: Art. 7 Abs. 1 und 4 (geändert), auch anwendbar in der KlinV-Mep via Art. 3 Abs. 1 Bst. b (geändert); HFV: Art. 8 Abs. 1 (neu) und Abs. 4 (geändert))
- Werden pränatale oder präsymptomatische genetische Untersuchungen oder genetische Untersuchungen zur Familienplanung durchgeführt, sind ausgewählte Vorgaben des Bundesgesetzes über genetische Untersuchungen beim Menschen zu beachten, u.a. bei der Aufklärung von teilnehmenden Personen.
(KlinV: Art. 7a und 7b (neu), auch anwendbar in der KlinV-Mep via Art. 3 Abs. 1 Bst. b (geändert); HFV: Art. 8a und 8b (neu))
- Mit spezifischen Vorgaben zur Mitteilung von individuellen Ergebnissen wird das Recht auf Information von teilnehmenden Personen bzw. das Recht, auf Informationen zu verzichten, konkretisiert und damit gestärkt.
(KlinV: Art. 8a, auch anwendbar in der KlinV-Mep via Art. 3 Abs. 1 Bst. b (geändert); HFV: Art. 9a (neu))
- Forschende werden explizit angehalten, diejenigen Personengruppen in ihr Forschungsprojekt einzuschliessen, die für die wissenschaftliche Fragestellung relevant sind. Damit sind insbesondere Geschlechter- und Altersgruppen gemeint.
(KlinV: Art. 4a, auch anwendbar in der KlinV-Mep via Art. 3 Abs. 1 Bst. a (geändert) und der HFV via Art. 2 Bst. c (neu))
- Die Vorgaben zur Transparenz bei klinischen Versuchen werden an internationale Regelungen angepasst. Neu müssen Forschende eine Zusammenfassung der Ergebnisse publizieren. Zudem müssen alle veröffentlichten Informationen in den für den Versuch relevanten Landessprachen verfügbar sein.
(KlinV: Art. 64 (geändert) und 65a (neu), Anhang 5 (geändert); KlinV-Mep: Art. 41 und 42 (geändert), Anhang 5 KlinV (geändert) auch anwendbar in der KlinV-Mep))
- Bei klinischen Versuchen nach KlinV wird die Aufbewahrungspflicht insgesamt auf 20 Jahre verlängert (mit Ausnahme der klinischen Versuche mit Transplantatprodukten und der klinischen Versuche mit Blut und Blutprodukten, vgl. Art. 45 Abs. 3 KlinV und Art. 40 Abs. 1 HMG).(KlinV: Art. 45 Abs. 1 und 2 (geändert))
Wie sollen Foschende bis zum 1. November 2024 bei der Erarbeitung von neuen Gesuchen vorgehen?
Forschende, die zurzeit Gesuche für klinische Versuche nach KlinV oder KlinV-Mep bzw. Forschungsprojekte nach HFV erarbeiten, können vorläufig weiterhin die heute gültigen Vorlagen und Formulare von swissethics und Swissmedic verwenden. Für allfällige unter dem künftigen Recht zusätzlich erforderliche Informationen werden die Vollzugsbehörden in den kommenden Monaten Ergänzungen zu den Vorlagen zur Verfügung stellen, welche die neuen Anforderungen berücksichtigen. So wird ein möglichst reibungsloser Übergang gewährleistet.