Reminder: Praxisänderung Werbevorkontrolle ab 1. Januar 2017

Inkrafttreten: 1. Januar 2017

Die Vorkontrollpflicht für Publikumswerbung wird neu auch für elektronische Medien auf „Arzneimittel der sensiblen Gruppe“ mit Missbrauchs- und Abhängigkeitspotential beschränkt. [Publikation Praxisänderung] An den gesetzlichen Bestimmungen und Anforderungen an die Arzneimittel-Werbung ändert sich jedoch nichts. Die Verantwortung zur Einhaltung der werberechtlichen Bestimmungen für Arzneimittel verbleibt unverändert bei der Zulassungsinhaberin resp. der von ihr bezeichneten werbeverantwortlichen Person (vgl. Art. 25 Abs.1 der Arzneimittel-Werbeverordnung vom 17. Oktober 2001 [AWV; SR 812.215.5]).

Bei einem Verstoss gegen die werberechtlichen Vorgaben kann Swissmedic im Rahmen eines Verwaltungsmassnahmeverfahrens unter anderem eine Werbung verbieten oder eine behördliche Vorkontrolle anordnen. Bei schwerwiegenden oder wiederholten Verstössen kann auch unmittelbar ein Verwaltungsstrafverfahren gegen die verantwortliche Person eingeleitet werden. Weiterführende Informationen sowie die Checkliste "Review Publikumeswerbung" welche für die firmeninterne Vorkontrolle verwendet werden kann, finden Sie auf unserer Homepage unter der Rubrik Arzneimittelwerbung.


Arzneimittelwerbung: Praxisänderung hinsichtlich Vorkontrolle

Rechtliche Basis
Die Werbung für Arzneimittel ist im HMG1 sowie in der AWV2 eng reguliert (für die massgebenden Rechtsgrundlagen s. Kasten am Textende). Die rechtlichen Vorgaben in Art. 5, 6, 7 und 27bis aus dem Jahre 1994 resp. 1995 aus dem ehemaligen IKV3 Regulativ wurden praktisch unverändert ins HMG und die AWV übernommen. Folglich ist in der Schweiz Arzneimittelwerbung in bestimmten Medien sowie für gewisse Arzneimittel oder Arzneimittelgruppen (oftmals unter dem Begriff „sensible Gruppen“ zusammengefasst) vorkontrollpflichtig.

Aktuelle Rahmenbedingungen

Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) hat sich im Urteil C-2220/20104 vom 4. November 2013 mit der Frage auseinandergesetzt, welche Kriterien ein Arzneimittel der sensiblen Gruppen erfüllen muss, damit eine Werbung für ein Präparat dieser Gruppen unter die Vorkontrolle nach Art. 23 Abs. 1 AWV fällt. Darin ist die damalige Praxis des Instituts als falsch eingestuft und festgehalten worden, dass nur Arzneimittel der sensiblen Gruppe mit einem potentiellen Abhängigkeits- und Missbrauchs¬risiko der Werbevorkontrolle unterstellt sind.
In der Folge wurde die Praxis des Instituts für die Vorkontrolle per 1. Juni 2014 geändert und die Vorkontrollpflicht für Publikumswerbung in gedruckten Medien nach Art. 15 Bst. a AWV und mittels Einsatz audiovisueller Mittel nach Art. 15 Bst. c AWV (bspw. Internet, Bildschirmpräsentationen, elektronische Anzeigetafeln, usw.) auf Analgetika, Schlafmittel und Sedativa, Laxantia sowie Anorexika, die ein Missbrauchs- oder Abhängigkeitspotential in ihrer Arzneimittelinformation erwähnen, beschränkt.

Demgegenüber war die Vorkontrollpflicht der Publikumswerbung im Radio, am Fernsehen und im Kino für alle Arzneimittel der Abgabekategorie C und D nicht Gegenstand des Verfahrens und blieb daher unverändert.

Im Rahmen der aufgrund der Anpassungen im Heilmittelgesetz zurzeit laufenden Überprüfung der Arzneimittel-Werbeverordnung ist auch über die Frage der Vorkontrollpflicht reflektiert worden. Diverse Analysen zur Mediennutzung zeigen, dass Informationen auch zu Arzneimitteln heute, sofern nicht die Abgabestelle oder der Arzt kontaktiert werden, vorwiegend über das Internet gesucht werden. Eine Vorkontrolle der Werbematerialen in (schweizweiten) elektronischen Medien, namentlich Radio, Fernsehen und Kino, entspricht nicht mehr der heutigen gesellschaftlichen Mediennutzung5. Entsprechend ist eine Vorkontrolle der Werbung im Radio, am Fernsehen und im Kino für alle Arzneimittel der Abgabekategorie C und D unter den heutigen multimedialen Rahmenbedingungen nicht mehr adäquat. Das Institut hat angesichts des veränderten Umfeldes entschieden, seine Praxis der Vorkontrolle von Arzneimittelwerbung anzupassen. Die behördliche Vorkontrolle der Publikumswerbung soll künftig medienunabhängig auf „sensible Arzneimittel“ mit Missbrauchs- und Abhängigkeitspotential beschränkt und die Eigenverantwortung der Urheber von Publikumswerbung (Zulassungsinhaberin oder Dritte) stärker gewichtet werden.

Praxisänderung
Per 1. Januar 2017 wird folgende Praxisänderung der Vorkontrollpflicht nach Art. 23 Abs. 1 AWV eingeführt:

Publikumswerbung gemäss Art. 15 Bst. a und c AWV, und auch Werbung im Radio, am Fernsehen und im Kino, ist dem Institut vor dem Erscheinen zur Bewilligung nur noch dann einzureichen, wenn folgende zwei Punkte kumulativ erfüllt werden:

  • Das zu bewerbende Arzneimittel stammt aus einer der folgenden Arzneimittelgruppen: Analgetika, Schlafmittel, Sedativa, Laxantia oder Anorexika
  • Für dieses Arzneimittel ist ein Missbrauchs- oder Abhängigkeitspotential in der Arzneimittelinformation erwähnt.

Die Zulassungsinhaberin bzw. die Urheberschaft der Werbung steht in der Pflicht, zu prüfen, ob für das zu bewerbende Arzneimittel – gemäss genehmigter Arzneimittelinformation – ein Missbrauchs- oder Abhängigkeitspotential besteht. Liegt dies vor, so ist ein Gesuch für eine Werbebewilligung einzureichen.
Der Prozess der Werbevorkontrolle (zeitlicher Ablauf bei einem Gesuch um Werbebewilligung, Phasen und Loops) bleibt unverändert, hierzu wird auf die Publikation im Swissmedic Journal 01/2006, S. 9 ff. sowie weitergehende Mitteilungen auf www.swissmedic.ch (Startseite > Marktüberwachung > Arzneimittelwerbung > Anleitungen) verwiesen. Eine Werbebewilligung kann nur für die endgültige, zur Verbreitung vorgesehene Form erteilt werden.

Vor dem 1. Januar 2017 eingereichte Gesuche, die von der Gesuchstellerin nicht zurückge-zogen werden, werden weiter bearbeitet.

Verantwortung für die Einhaltung der heilmittelrechtlichen Werbebestimmungen und Konsequenzen
Es sei daran erinnert, dass gemäss Art. 25 Abs. 1 AWV jede Zulassungsinhaberin eine Person bezeichnen muss, welche für die Werbung für die von ihr in Verkehr gebrachten Arzneimittel verantwortlich ist. Diese Person ist verantwortlich für die Einhaltung der werberechtlichen Bestimmungen und auch für die Prüfung, ob ein Arzneimittel gemäss der Praxisänderung der Vorkontrollpflicht untersteht.
Treten Dritte anstelle der Zulassungsinhaberin als Urheber einer Arzneimittelwerbung auf, so sind diese Dritten verantwortlich dafür, dass die heilmittelrechtlichen Werbebestimmungen eingehalten werden.

Das Institut kann gestützt auf Art. 58 und 66 HMG ein Verwaltungsverfahren eröffnen und Massnahmen zum Vollzug des Heilmittelrechtes ergreifen. Diese können betreffend Werbung insbesondere folgende Massnahmen umfassen:

  • Art. 66 Abs. 2 Bst. f HMG: unzulässige Werbemittel beschlagnahmen, amtlich verwahren, vernichten sowie deren Verwendung verbieten und dieses Verbot auf Kosten der Verantwortlichen veröffentlichen;
  • Art. 66 Abs. 2 Bst. g HMG: die Werbung für ein bestimmtes Heilmittel bei schwerer oder wiederholter Widerhandlung gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes über die Werbung vorübergehend oder dauernd verbieten und dieses Verbot auf Kosten der Verantwortlichen veröffentlichen.

Darüber hinaus kann wer vorsätzlich gegen die Bestimmungen über die Werbung für Arzneimittel verstösst, gemäss Art. 87 Abs. 1 Bst. b HMG mit einer Busse bis zu 50 000 Franken bestraft werden.

Begutachtungspraxis und Hilfsmittel
An dieser Stelle wird auf die vielfältigen Publikationen zur Begutachtungspraxis von Arzneimittelwerbung durch das Institut verwiesen, welche ebenfalls auf der oben angegebenen Website in den Rubriken „Publikumswerbung“ sowie „Fragen und Antworten“ eingesehen und heruntergeladen werden können.
Als Hilfsmittel eignet sich die Checkliste „Review Publikumswerbung“.

Die Regelung der Vorkontrolle von Publikumswerbung basiert auf den folgenden rechtlichen Grundlagen:
Art. 1 Abs. 1 und 2 Bst. b HMG: Dieses Gesetz soll zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier gewährleisten, dass nur qualitativ hoch stehende, sichere und wirksame Heilmittel in Verkehr gebracht werden. Es soll zudem dazu beitragen, dass die in Verkehr gebrachten Heilmittel ihrem Zweck entsprechend und massvoll verwendet werden.
Art. 31 Abs. 3 HMG: Er (der Bundesrat) kann zum Schutz der Gesundheit und zum Schutz gegen Täuschung die Werbung für bestimmte Arzneimittel oder Arzneimittelgruppen beschränken oder verbieten sowie für die grenzüberschreitende Werbung Bestimmungen erlassen.
Art. 23 Abs. 1AWV: Werbung für Arzneimittel der Abgabekategorien C und D im Radio, am Fernsehen und im Kino sowie Publikumswerbung nach Artikel 15 Buchstaben a und c für Analgetika, Schlafmittel und Sedativa, Laxantia sowie für Anorexika müssen dem Institut vor dem Erscheinen zur Bewilligung vorgelegt werden.
Art. 15 Bst. a AWV: Als Publikumswerbung gelten Anzeigen in Zeitungen, Zeitschriften und Büchern, Prospekte, Plakate, Rundbriefe, usw.
Art. 15 Bst. c AWV: Als Publikumswerbung gelten Anpreisungen mittels Einsatzes audiovisueller Mittel und anderer Bild-, Ton und Datenträger und Datenübermittlungssysteme, wie zum Beispiel im Internet.

 

Abschliessend weisen wir darauf hin, dass das Institut grundsätzlich keine Prüfung von nicht bewilligungspflichtiger Arzneimittelwerbung als kostenpflichtige Dienstleistung vornehmen wird. Hierfür wird auf kommerzielle Anbieter verwiesen.

 

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1Bundesgesetz vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG; SR 812.21)
2Verordnung vom 17. Oktober 2001 über die Arzneimittelwerbung (Arzneimittel-Werbeverordnung, AWV; SR 812.212.5)
3Regulativ vom 25. Mai 1972 über die Ausführung der interkantonalen Vereinbarung über die Kontrolle der Heilmittel, Systematische Erlassesammlung der IKV/IKS 110.1
4BVGE 2013/55; http://www.bvger.ch/publiws/pub/search.jsf -> unter Suchtext C-2220/2010 eingeben und suchen
5Gemäss Erhebungen des Bundesamtes für Statistik lag 1997 die tägliche Internetnutzung bei 5%, 2005 bei 50% und 2013 bei 73% der Schweizer Bevölkerung. Bei den 14 bis 60 Jährigen lag der Anteil bei 80-94%.

Letzte Änderung 01.01.2017

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