Arzneimittel (Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung) zur Behandlung von Erwachsenen mit rezidiviertem oder refraktärem diffusem grosszelligen B-Zell-Lymphom (DLBCL) nach zwei oder mehreren systemischen Therapielinien
Public Summary SwissPAR vom 15.03.2024
Columvi® (Wirkstoff: Glofitamabum)
Erstzulassung in der Schweiz: 07.11.2023
Über das Arzneimittel
Columvi mit dem Wirkstoff Glofitamab wird angewendet, um eine spezifische Art von Krebs mit der Bezeichnung «diffuses grosszelliges B-Zell-Lymphom» (DLBCL) bei Erwachsenen zu behandeln.
Das DLBCL ist eine bösartige Erkrankung des lymphatischen Systems[1], die von den reifen B-Lymphozyten (weisse Blutkörperchen) ausgeht. DLBCL ist eine aggressive und schnell wachsende Form des Non-Hodgkin-Lymphoms (NHL).
Die Therapie mit Columvi kommt zur Anwendung bei wiederauftretendem (rezidiviertem) oder refraktärem[2] DLBCL. Die Patientinnen und Patienten hatten vorgängig schon mindestens zwei systemische[3] Therapielinien einschliesslich einer Therapie mit einem Antikörper und einem Anthrazyklin erhalten. Die Krebserkrankung DLBCL ist trotz einer vorgängigen spezifischen CAR-T-Zelltherapie[4] weiter fortgeschritten oder die Patientinnen oder Patienten sind für diese Therapie nicht geeignet.
Da es sich bei DLBCL um eine seltene und lebensbedrohende Krankheit handelt, wurde Columvi als «Orphan Drug» zugelassen. Mit «Orphan Drug» werden wichtige Arzneimittel für seltene Krankheiten bezeichnet.
[1] Lymphatisches System: Das lymphatische System erfasst alle Lymphbahnen im Körper sowie die lymphatischen Organe wie die Lymphknoten, die Milz, die lymphatischen Gewebe im Magen-Darm-Trakt und im Rachen sowie die Thymusdrüse.
[2] Refraktär bedeutet in Bezug auf eine Krebserkrankung, dass der Krebs auf die Behandlung nicht anspricht und trotz Behandlung sich nicht zurückbildet, sondern sogar weiter fortschreitet.
[3] Systemische Therapie: Im Gegensatz zu einer lokalen Therapie (Behandlung am Ort der Erkrankung) wird bei der systemischen Therapie die Behandlung des gesamten Körpers zur Bekämpfung der Erkrankung eingeschlossen.
[4] Die CAR-T-Zelltherapie ist eine spezifische Immuntherapie bei Krebs. Bei dieser Therapie werden der Patientin oder dem Patienten körpereigene Immunzellen entnommen und gentechnologisch so verändert, dass diese Krebszellen erkennen und gezielt vernichten können. Die veränderten CAR-T-Zellen werden der Patientin oder dem Patienten über eine Infusion zurückgegeben.
Wirkung
Der Wirkstoff Glofitamab ist ein sogenannter bispezifischer monoklonaler Antikörper (ein immunologisch wirksames Protein). Glofitamab bindet sowohl an die Tumorzelle durch die Bindung an den CD20-Rezeptor (Bindungsstelle) auf der Oberfläche von B-Zellen als auch an den CD3-Rezeptor auf der Oberfläche von T-Zellen (Zellen des Immunsystems). Die gleichzeitige Bindung an CD20 auf B-Zellen und an CD3 auf T-Zellen führt zu einem direkten Kontakt der Tumorzellen mit den T-Zellen und zu einer Vermehrung und Aktivierung der T-Zellen. Dadurch werden spezifische Proteine, die eine wichtige Rolle in der Immunabwehr spielen, ausgeschüttet.
Durch diesen Wirkmechanismus kann das Immunsystem die B-Zielzellen abtöten und das Krebswachstum wird somit gehemmt.
Anwendung
Columvi mit dem Wirkstoff Glofitamab ist rezeptpflichtig. Das Konzentrat ist in Durchstechflaschen mit 2.5 mg Wirkstoff in 2.5 ml oder 10 mg Wirkstoff in 10 ml erhältlich.
Columvi wird nach Verdünnung als Infusion in die Venen (intravenös) verabreicht. Die Verabreichung der Dosis wird schrittweise angepasst. Ein Behandlungszyklus dauert 21 Tage. Columvi wird in maximal 12 Zyklen verabreicht.
Patientinnen und Patienten erhalten vor der Behandlung mit Columvi zudem ein weiteres Krebsmedikament mit dem Wirkstoff Obinutuzumab.
Die Behandlung mit Columvi wird durch eine medizinische Fachperson, die über Erfahrung in der Anwendung von Krebstherapien hat, eingeleitet und überwacht. Die Therapie erfolgt in einer Umgebung mit angemessener medizinischer Unterstützung zur Behandlung möglicher schwerer Reaktionen.
Zu Beginn der Therapie mit Columvi und bei Auftreten von schweren Reaktionen wie dem Zytokinfreisetzungssyndrom (CRS[5]) oder neurologischen Nebenwirkungen werden die Patientinnen oder Patienten stationär behandelt und überwacht.
Der Arzt oder die Ärztin wird die Patientinnen oder die Patienten zudem auffordern, sich bei Auftreten schwerer Reaktionen sofort in ärztliche Behandlung zu begeben.
Vor der Behandlung mit Columvi wird eine Vorbehandlung (Prämedikation) durchgeführt um das Risiko von diesen schweren Reaktionen zu vermindern.
[5] CRS: Das Zytokinfreisetzungssyndrom ist eine systemische Entzündungsreaktion aufgrund massiver Ausschüttung von Zytokinen (Eiweisse), die die weissen Blutkörperchen aktivieren.
Wirksamkeit
Die Wirksamkeit einer Monotherapie mit Columvi bei Patientinnen und Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem Lymphom wurde anhand der zulassungsrelevanten Studie NP30179 beurteilt. Die Studienteilnehmenden hatten vorgängig schon mindestens zwei systemische Therapielinien erhalten. Alle Patientinnen und Patienten hatten zudem vorgängig eine Chemotherapie, eine Therapie mit einem monoklonalen CD20-Antikörper und eine spezifische CAR-T-Zelltherapie erhalten.
Vor der Columvi-Behandlung erhielten die Patientinnen und Patienten den monoklonalen Antikörper Obnituzumab. Zusätzlich erhielten die Patientinnen und Patienten vorgängig weitere Arzneimittel um die Symptome bei auftretenden Nebenwirkungen zu lindern.
Bei Patientinnen und Patienten, die mindestens eine Dosis Columvi erhielten und vorgängig bereits eine CAR-T-Zelltherapie erhalten hatten, betrug die Gesamtansprechrate 55 % und das mediane Überleben ohne weitere Ausbreitung der Krebserkrankung 6,8 Monate.
Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken
Columvi darf bei einer Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe nicht angewendet werden.
Columvi kann schwerwiegende oder lebensbedrohliche Reaktionen wie Zytokinfreisetzungssyndrom und neurologische Nebenwirkungen inklusive Immuneffektorzell-assoziiertes Neurotoxizitätsyndrom (ICANS)[6] verursachen.
Alle Vorsichtsmassnahmen, Risiken und weitere mögliche unerwünschte Wirkungen sind in der Fachinformation aufgeführt.
[6] ICANS: Das Immuneffektorzell-assoziierte Neurotoxizitätssyndrom beschreibt einen Komplex mit diversen unterschiedlich ausgeprägten neurologischen Symptomen wie beispielsweise Bewusstseinsstörungen.
Begründung des Zulassungsentscheids
Die Studie zeigte, dass Patientinnen und Patienten mit rezidivierendem oder refraktärem DLBCL, die Columvi erhielten, von der Behandlung profitierten. Die Studie konnte zeigen, dass Columvi das Fortschreiten der Krebserkrankung DLBCL verzögert.
Die Wirksamkeit von Columvi bei Patientinnen und Patienten, die vorgängig schon mindestens zwei systemische Therapielinien und eine CAR-T Therapie erhalten haben, ist deshalb vielversprechend. Es sind jedoch noch weitere Daten, auch zu weiteren Parametern erforderlich, um die Ergebnisse zu bestätigen.
Das Arzneimittel Columvi wurde in der Schweiz befristet zugelassen (Art. 9a HMG), da zum Zeitpunkt der Zulassung noch nicht alle klinischen Studien vorliegen oder abgeschlossen waren.
Die befristete Zulassung ist zwingend an die zeitgerechte Einreichung der von Swissmedic verlangten ergänzenden Daten gebunden. Nach Erfüllung dieser Zulassungsauflagen kann die befristete Zulassung bei positiver Nutzen-Risiko-Beurteilung der Resultate in eine Zulassung ohne besondere Auflagen überführt werden.
Weitere Informationen zum Arzneimittel
Information für medizinisches Fachpersonal:
Weitere Fragen beantworten Gesundheitsfachpersonen.
Der Stand dieser Information entspricht demjenigen des SwissPAR. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Public Summary SwissPAR ein.
In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirkung oder die Sicherheit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.