Injektionslösung zur Behandlung des rezivierenden oder refraktären mutiplen Myeloms bei Erwachsenen
Public Summary SwissPAR vom 06.03.2024
Elrexfio® (Wirkstoff: Elranatamab)
Befristete Zulassung in der Schweiz: 05.09.2023
Über das Arzneimittel
Das Arzneimittel Elrexfio mit dem Wirkstoff Elranatamab wird zur Behandlung des fortgeschrittenen multiplen Myeloms («Knochenmarkkrebs») bei Erwachsenen eingesetzt, deren multiples Myelom (MM) nicht oder nicht mehr auf Medikamente der 3 Standardtherapieklassen anspricht, und deren Erkrankung nach der letzten Behandlung ein Fortschreiten gezeigt hat.
Das MM ist eine seltene Krebsart, welche etwa 1-2 Prozent aller Krebserkrankungen ausmacht. Die Häufigkeit der Neuerkrankungen mit MM nimmt mit dem Alter zu. Zwei Drittel der neuerkrankten Personen sind über 65 Jahre alt. Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch eine übermässige Vermehrung der Plasmazellen. Plasmazellen sind eine Unterart der weissen Blutkörperchen, welche im körpereigenen Abwehrsystem (Immunsystem) für die Produktion von Antikörpern verantwortlich sind. Im Rahmen des MM vermehren sich Plasmazellen unkontrolliert im Knochenmark und manchmal auch in anderen Organen. Dies verhindert die normale Bildung von Blutzellen und kann Knochen und andere Organe zerstören bzw. in ihrer Funktion beeinträchtigen.
Elrexfio wurde im Rahmen des «Project Orbis» befristet zugelassen. Project Orbis ist ein von der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA koordiniertes Programm für vielversprechende Krebsbehandlungen. Es bietet einen Rahmen für die gleichzeitige Einreichung und Prüfung von Krebsmedikamenten durch mehrere internationale Partnerbehörden verschiedener Länder. Damit wird das Ziel verfolgt, Patientinnen und Patienten einen schnelleren Zugang zu innovativen Krebsbehandlungen zu ermöglichen. Zurzeit sind die Zulassungsbehörden von Australien (TGA), Brasilien (ANVISA), Israel (MOH), Kanada (HC), Singapur (HSA), Schweiz (Swissmedic) und dem Vereinigten Königreich (MHRA) im Project Orbis vertreten.
Wirkung
Elranatamab ist ein Antikörper (ein immunologisch wirksames Protein), der sowohl an die Tumorzelle über das sogenannte B-Cell-Maturation-Antigen (BCMA) als auch an den CD3-Rezeptor (Bindungsstelle) auf den T-Zellen (Zellen des Immunsystems) bindet. Dadurch bringt Elranatamab die Tumorzellen mit den T-Zellen zusammen. Dies wiederum aktiviert die T-Zellen, die dann die multiplen Myelom-Zellen abtöten können.
Anwendung
Elrexfio ist rezeptpflichtig.
Elrexfio ist als Injektionslösung in der Dosis
44 mg pro 1.1 ml und 76 mg pro 1.9 ml in jeweils einer Durchstechflasche erhältlich. Die Dosierung wird schrittweise auf die Behandlungsdosis erhöht. Elrexfio wird unter die Haut injiziert.
Die Anwendung von Elrexfio soll nur unter der Anleitung von ärztlichem Personal mit Erfahrung in der Behandlung der möglicherweise auftretenden schwerwiegenden unerwünschten Wirkungen erfolgen. Zu Beginn der Therapie mit Elrexfio, und bei Bedarf auch im späteren Verlauf der Behandlung, ist eine stationäre Überwachung während mindestens 48 h nach der Gabe notwendig.
Wirksamkeit
Die Wirksamkeit von Elrexfio wurde in einer einarmigen Studie ohne Kontrollgruppe bei Patientinnen und Patienten mit einem rezidivierten (wiederkehrendem) oder refraktären (behandlungsresistenten) multiplen Myelom (MM) untersucht.
Historisch betrachtet haben Patientinnen und Patienten mit rezidivierendem oder refraktärem MM, die bereits mit den drei Standardtherapieklassen vorbehandelt wurden, einen ungünstigen Krankheitsverlauf (schlechte Prognose). Die Gesamtansprechrate (ORR)[1] lag bei ca. 30 %. Das mediane[2] progressionsfreie Überleben (PFS)[3] lag bei ca. 3 bis 6 Monaten und das gesamte Überleben (OS) bei ca. 6 bis 12 Monaten.
Mit Elrexfio erreichte die Studienpopulation eine ORR von bis zu 57%. Eine zuverlässige Abschätzung des PFS und OS war zum Zeitpunkt der Zulassung, basierend auf den vorliegenden Daten, noch nicht möglich. Allerdings sind die Studien noch nicht abgeschlossen, und es werden im Rahmen der befristeten Zulassung weitere diesbezügliche Daten erwartet.
[1] ORR (objective response rate) ist definiert als prozentualer Anteil von Patientinnen und Patienten mit Ansprechen auf die Therapie.
[2] Median: Der Wert, der genau in der Mitte einer Datenverteilung liegt, nennt sich Median oder Zentralwert. Die eine Hälfte aller Daten ist immer kleiner, die andere grösser als der Median.
[3] PFS: Progressionsfreies Überleben (PFS, progression-free survival): Zeitspanne zwischen dem Start einer Behandlung oder einer klinischen Studie und dem Beginn des Fortschreitens der Krankheit oder dem Tod der Patientin oder des Patienten.
Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken
Elrexfio darf bei einer Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe nicht angewendet werden.
Zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen gehören Zytopenien[4], Infektionen, das Zytokin-Freisetzungssyndrom (CRS)[5] und unerwünschte neurologische Wirkungen. Alle Vorsichtsmassnahmen, Risiken und weitere mögliche unerwünschte Wirkungen sind in der Fachinformation aufgeführt.
[4] Zytopenie: Verminderung der Anzahl der Zellen im Blut.
[5] CRS (Zytokin Freisetzungssyndrom) ist eine systemische Entzündungsreaktion aufgrund massiver Ausschüttung von Zytokinen (Eiweisse), die die weissen Blutkörperchen aktivieren.
Begründung des Zulassungsentscheids
Da es sich beim multiplen Myelom um eine seltene und lebensbedrohende Krankheit handelt, wurde Elrexfio als «Orphan Drug» zugelassen. Mit «Orphan Drug» werden wichtige Arzneimittel für seltene Krankheiten bezeichnet.
Patienten und Patientinnen mit einem rezidivierenden oder refraktären stark vorbehandelten MM haben eine schlechte Prognose. Die mit Elrexfio behandelten MM Patientinnen und Patienten zeigten eine hohe Ansprechrate von bis zu 57 %. Nebst den 3 Standardtherapieklassen sind für die Behandlung des fortgeschrittenen MM mittlerweile weitere anti-BCMA-Therapien verfügbar, insbesondere die sogenannte CAR-T-Zell-Therapie. Selbst wenn das MM nach einer solchen vorgängigen anti-BCMA -Therapie erneut fortgeschritten war, konnte nach der Gabe von Elrexfio eine gute Ansprechrate von 30 % erreicht werden.
Unter Berücksichtigung der Risiken und Vorsichtsmassnahmen und aufgrund der vorliegenden Daten hat Swissmedic das Arzneimittel Elrexfio mit dem Wirkstoff Elranatamab für die Schweiz befristet zugelassen (Art. 9a HMG), da zum Zeitpunkt der Zulassung noch nicht alle klinischen Studien vorliegen oder abgeschlossen waren. Die befristete Zulassung ist zwingend an die zeitgerechte Einreichung der von Swissmedic verlangten Daten gebunden. Nach Erfüllung dieser Zulassungsauflagen kann die befristete Zulassung bei weiterhin positiver Nutzen-Risiko-Beurteilung der Resultate in eine Zulassung überführt werden.
Weitere Informationen zum Arzneimittel
Information für medizinisches Fachpersonal:
Weitere Fragen beantworten Gesundheitsfachpersonen.
Der Stand dieser Information entspricht demjenigen des SwissPAR. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Public Summary SwissPAR ein.
In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirkung oder die Sicherheit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.