Kurzbericht Zulassung – Enhertu®

Kurzbericht Arzneimittelzulassung vom 31.01.2025

Enhertu® (Wirkstoff: Trastuzumab-Deruxtecan)

Indikationserweiterung in der Schweiz: 06.03.2023

Infusion zur Zweitlinien-Behandlung von Erwachsenen mit inoperablem oder metastasiertem HER2-low-Brustkrebs

Über das Arzneimittel

Enhertu enthält den Wirkstoff Trastuzumab-Deruxtecan und wird zur Behandlung von erwachsenen Patientinnen und Patienten mit HER2-low Brustkrebs eingesetzt. Das bedeutet, der Tumor hat nur geringe Mengen des HER2-Proteins. HER2 ist die Abkürzung für «human epidermal growth factor receptor 2» und bezeichnet Bindungsstellen (Rezeptoren) für Wachstumsfaktoren, die die Krebszelle zur Teilung antreiben. Das Medikament ist geeignet für Patientinnen und Patienten, deren Brustkrebs nicht operiert werden kann oder bereits Metastasen gebildet hat. Voraussetzung ist, dass die Patientin oder der Patient zuvor schon eine Chemotherapie bei metastasiertem Brustkrebs erhalten hat oder dass der Krebs während oder innerhalb von 6 Monaten nach Abschluss einer unterstützenden Chemotherapie wiedergekommen ist.

Patientinnen und Patienten mit hormonempfindlichem Brustkrebs müssen zusätzlich zuvor bereits eine Hormontherapie erhalten haben, die entweder nicht gewirkt hat oder die sie nicht vertragen haben.

Brustkrebs ist die häufigste Krebsart bei Frauen und die Hauptursache für krebsbedingte Todesfälle bei Frauen. Wenn der Krebs bereits Metastasen gebildet hat, gilt die Krankheit als unheilbar, und die 5-Jahres-Überlebensrate liegt nur bei etwa 25 %.

Ein spezielles Merkmal einiger Brustkrebstumore ist das Protein HER2, das bei etwa 20 % der Patientinnen in hohen Mengen vorhanden ist (HER2-positiver Brustkrebs). Dank moderner Medikamente, die gezielt gegen HER2 wirken, hat sich die Prognose deutlich verbessert.

Ungefähr 55 % aller Brustkrebspatientinnen haben jedoch Tumore, die nur geringe Mengen von HER2 enthalten (HER2-low-Brustkrebs). Für diese Gruppe gibt es bislang keine speziellen HER2-gezielten Behandlungsrichtlinien, und sie werden wie Patientinnen behandelt, deren Tumore kein HER2 aufweisen. Die Therapie für HER2-low-Brustkrebs hängt davon ab, ob der Tumor weitere Hormonrezeptoren (HR) besitzt.

Die vorliegende Indikationserweiterung von Enhertu wurde im Rahmen des «Project Orbis» zugelassen. Project Orbis ist ein von der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA koordiniertes Programm für vielversprechende Krebsbehandlungen. Es bietet einen Rahmen für die gleichzeitige Einreichung und Prüfung von Krebsmedikamenten durch mehrere internationale Partnerbehörden verschiedener Länder. Damit wird das Ziel verfolgt, Patientinnen und Patienten einen schnelleren Zugang zu innovativen Krebsbehandlungen zu ermöglichen. Zurzeit sind die Zulassungsbehörden von Australien (TGA), Brasilien (ANVISA), Israel (MOH), Kanada (HC), Singapur (HSA), Schweiz (Swissmedic) und dem Vereinigten Königreich (MHRA) im Project Orbis vertreten.

Das Arzneimittel Enhertu wurde von Swissmedic bereits für zwei weitere Indikationen zugelassen.

Wirkung

Enhertu enthält den Wirkstoff Trastuzumab-Deruxtecan. Dieser Wirkstoff kombiniert einen Antikörper (ein Protein), der den HER2-Rezeptor auf den Brustkrebszellen erkennt und an ihn binden kann, mit einer gegen bösartige Tumore wirksamen Substanz, einem sogenannten Topoisomerase-1-Inhibitor. So wird das Erbgut der Tumorzellen geschädigt, was zum Absterben der Krebszellen führt.

Anwendung

Enhertu ist rezeptpflichtig und als Einzel-dosis-Durchstechflasche mit 100 mg Trastuzumab-Deruxtecan Pulver zugelassen. Das Pulver wird in sterilem Wasser aufgelöst, mit Glukose-Lösung verdünnt und über die Vene langsam verabreicht.

Die empfohlene Dosierung beträgt einmal alle drei Wochen 5.4 mg/kg Körpergewicht. Die erste Dosis sollte als 90-minütige Infusion gegeben werden. Wenn die vorausgegangene Infusion gut vertragen wurde, kann die Infusionsdauer auf 30 Minuten verkürzt werden. Die Behandlung wird fortgesetzt, bis die Krankheit weiter fortschreitet oder bis inakzeptable Nebenwirkungen auftreten.

Wirksamkeit

Die Wirksamkeit von Enhertu wurde in der Studie DESTINY-Breast04 an 557 erwachsenen Patientinnen und Patienten mit nicht operablem oder metastasiertem HER2-low-Brustkrebs untersucht, die zuvor schon eine Chemotherapie bei metastasiertem Brustkrebs erhalten haben oder bei denen der Krebs während oder innerhalb von 6 Monaten nach Abschluss einer adjuvanten Chemotherapie wiedergekommen ist. Die Patientinnen und Patienten wurden entweder mit Enhertu (5,4 mg/kg alle drei Wochen) oder mit einer Chemotherapie nach Wahl des Arztes behandelt. Die Patienten wurden danach unterschieden, ob ihr Brustkrebs Hormonrezeptoren exprimiert (HR positiv) oder nicht. Beurteilt wurde das progressionsfreie Überleben[1] (PFS), welches durch eine verblindete unabhängige zentrale Überprüfung (BICR) bewertet wurde. Bei den HR-positiven Patienten zeigten die Ergebnisse eine signifikante Verbesserung des PFS in der Enhertu-Gruppe mit einem medianen[2] PFS von 10,1 Monaten im Vergleich zu 5,4 Monaten in der Chemotherapie-Gruppe. Die Ergebnisse in der allgemeinen Population zeigten eine signifikante Verbesserung des PFS in der Enhertu-Gruppe mit einem medianen PFS von 9,9 Monaten im Vergleich zu 5,1 Monaten in der Chemotherapie-Gruppe. Auch das Gesamtüberleben[3] (OS) bei HR positiven Patienten wurde verbessert, mit einem medianen OS von 23,9 Monaten in der Enhertu-Gruppe gegenüber 17,5 Monaten in der Chemotherapie-Gruppe.

[1] PFS: Progressionsfreies Überleben (PFS, progression-free survival): Zeitspanne zwischen dem Start einer Behandlung oder einer klinischen Studie und dem Beginn des Fortschreitens der Krankheit oder dem Tod der Patientin oder des Patienten.

[2] Median: Der Wert, der genau in der Mitte einer Datenverteilung liegt, nennt sich Median oder Zentralwert. Die eine Hälfte aller Daten ist immer kleiner, die andere grösser als der Median.

[3] Gesamtüberleben: Das Gesamtüberleben (OS, overall survival) bezeichnet die Zeitspanne zwischen Therapiebeginn und Tod des Patienten bzw. der Patientin.

Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken

Unter der Therapie mit Enhertu besteht die Gefahr einer Lungenerkrankung (interstitielle Lungenerkrankung, ILD), welche potentiell tödlich verlaufen kann. Die Patientinnen und Patienten sind hinsichtlich Atemwegssymptomen zu überwachen. Die häufigsten unerwünschten Wirkungen sind Übelkeit, Müdigkeit, Erbrechen, verminderter Appetit, Durchfall, Blutarmut, Neutropenie (Fehlen spezifischer Abwehrzellen) und Haarausfall. Alle Vorsichtsmassnahmen, Risiken und weitere mögliche unerwünschte Wirkungen sind in der Fachinformation aufgeführt.

Begründung des Zulassungsentscheids

Derzeit gibt es keine spezifische medikamentöse Behandlung für Patientinnen und Patienten mit HER2-low-Brustkrebs, nachdem sie eine vorherige Chemotherapie erhalten haben. Enhertu bietet eine neue Behandlungsoption für diese Patientinnen und Patienten. Die klinische Studie zeigte, dass Enhertu das Fortschreiten der Krankheit signifikant verzögert und das Überleben der Patientinnen und Patienten im Vergleich zu herkömmlichen Chemotherapien verbessert. Trotz einiger Nebenwirkungen ist das Sicherheitsprofil von Enhertu gut handhabbar. Unter Berücksichtigung aller vorliegenden Daten überwiegen bei richtig ausgewählten Patienten und vorschriftsgemässer Anwendung die Vorteile von Enhertu die Risiken. Swissmedic hat daher die Zulassung für das Arzneimittel Enhertu mit dem Wirkstoff Trastuzumab-Deruxtecan für die Anwendung in der Schweiz erweitert.

Weitere Informationen zum Arzneimittel

Information für medizinisches Fachpersonal:

Weitere Fragen beantworten Gesundheitsfachpersonen.

 

Der Stand dieser Information entspricht demjenigen des SwissPAR. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Kurzbericht Arzneimittelzulassung ein.

In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirksamkeit oder die Sicherheit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.