Infusion zur Behandlung von lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem HER2-positivem Adenokarzinom des Magens oder des gastroösophagealen Übergangs bei Erwachsenen
Kurzbericht Arzneimittelzulassung vom 17.01.2025
Enhertu® (Wirkstoff: Trastuzumab-Deruxtecan)
Befristete Zulassungserweiterung in der Schweiz: 08.05.2024
Über das Arzneimittel
Enhertu mit dem Wirkstoff Trastuzumab-Deruxtecan ist ein Medikament zur Behandlung von Erwachsenen mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem HER2-positivem Adenokarzinom[1] des Magens oder des gastroösophagealen Übergangs[2]. Enhertu wird eingesetzt bei Patientinnen und Patienten, die bereits andere HER2-basierte Therapien erhalten haben und bei denen die Krankheit weiter fortgeschritten ist oder auf frühere Behandlungen nicht angesprochen hat.
HER2 ist die Abkürzung für «human epidermal growth factor receptor 2» und bezeichnet Bindungsstellen (Rezeptoren) für Wachstumsfaktoren, die die Krebszelle zur Teilung antreiben. HER2 kommt bei etwa 20 % der Betroffenen in erhöhter Menge vor. Für diese Patientinnen und Patienten gibt es spezielle zielgerichtete Therapien.
Das Arzneimittel Enhertu wurde von Swissmedic bereits für drei weitere Indikationen zugelassen.
[1] Adenokarzinom ist ein bösartiger Tumor des Drüsengewebes, in diesem Fall des Drüsengewebes des Magens und des Grenzbereiches zwischen Speiseröhre und Magen.
[2] Gastroösophagealer Übergang: Grenzbereich zwischen Speiseröhre und Magen
Wirkung
Enhertu enthält den Wirkstoff Trastuzumab–Deruxtecan. Dieser Wirkstoff kombiniert einen Antikörper (ein Protein), der den HER2-Rezeptor auf den Krebszellen erkennt und sich an ihn binden kann, mit einer gegen bösartige Tumore wirksamen Substanz, einem sogenannten Topoisomerase-1-Inhibitor. So wird das Erbgut der Tumorzellen geschädigt, was zum Absterben der Krebszellen führt.
Anwendung
Enhertu ist rezeptpflichtig und als Einzeldosis-Durchstechflasche mit 100 mg Trastuzumab-Deruxtecan-Pulver zugelassen. Das Pulver wird in sterilem Wasser aufgelöst, mit Glukose-Lösung verdünnt und über die Vene langsam verabreicht. Die empfohlene Dosierung beträgt einmal alle drei Wochen 6.4 mg/kg Körpergewicht. Die erste Dosis sollte als 90-minütige Infusion gegeben werden. Wenn die vorausgegangene Infusion gut vertragen wurde, kann die Infusionsdauer auf 30 Minuten verkürzt werden.
Wirksamkeit
Enhertu wurde in zwei klinischen Studien, DESTINY-Gastric02 und DESTINY-Gastric01, untersucht. In der DESTINY-Gastric02-Studie erhielten 79 Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem HER2-positivem Magen- oder gastroösophagealem Adenokarzinom, die bereits zuvor mit Trastuzumab behandelt worden waren, Enhertu als intravenöse Infusion alle drei Wochen. Die Studie zeigte eine bestätigte[3] objektive Ansprechrate (ORR)[4] von 41,8 % und eine mediane[5] Ansprechdauer (DOR)[6] von 8,1 Monaten. Diese Studie wurde ohne Vergleichsgruppe durchgeführt.
In der DESTINY-Gastric01-Studie wurden 126 Patientinnen und Patienten mit Enhertu behandelt und mit 62 Patienten verglichen, die eine Chemotherapie nach Wahl des Arztes erhielten. Diese Studie zeigte eine bestätigte ORR von 39,7 % für die Enhertu-Gruppe im Vergleich zu 11,3 % in der Chemotherapie-Gruppe. Die mediane Gesamtüberlebenszeit (OS) betrug 12,5 Monate für Enhertu und 8,9 Monate für die Chemotherapie-Gruppe. Die DESTINY-Gastric01-Studie wurde ausschliesslich an Patientinnen und Patienten aus Asien durchgeführt, die bereits mit mindestens zwei Therapielinien vorbehandelt waren.
[3] Bestätigt bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Reduktion der Tumorgrösse stabil bleibt und in mindestens zwei aufeinanderfolgenden Untersuchungen nachgewiesen wird.
[4] Gesamtansprechrate: Objective response rate (ORR) ist definiert als prozentualer Anteil von Patientinnen und Patienten mit Ansprechen auf die Therapie
[5] Median: Der Wert, der genau in der Mitte einer Datenverteilung liegt, nennt sich Median oder Zentralwert. Die eine Hälfte aller Daten ist immer kleiner, die andere grösser als der Median.
[6] DOR (Duration of Response) ist die Dauer des Ansprechens. Es beschreibt die Zeitspanne, während der der Patient bzw. die Patientin auf eine Behandlung anspricht, also während der der Tumor verkleinert bleibt oder vollständig verschwindet.
Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken
Unter der Therapie mit Enhertu besteht die Gefahr einer Lungenerkrankung (interstitielle Lungenerkrankung, ILD), welche potentiell tödlich verlaufen kann. Einige weitere, sehr häufige, unerwünschte Wirkungen nach Verabreichung von Enhertu sind Infektionen und Erkrankungen der Atemwege, Veränderungen des Blutbildes, Übelkeit, Erschöpfung, verminderter Appetit, Erbrechen, Verstopfung und Durchfall. Alle Vorsichtsmassnahmen, Risiken und weitere mögliche unerwünschte Wirkungen sind in der Fachinformation aufgeführt.
Begründung des Zulassungsentscheids
Es besteht ein grosser Bedarf an Behandlungsmöglichkeiten für Patientinnen und Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem HER2-positivem Adenokarzinom des Magens oder des gastroösophagealen Übergangs, die bereits eine Erstlinien-Standardtherapie erhalten haben. Sobald die Erkrankung von Patienten oder Patientinnen nach einer Erstlinienbehandlung fortschreitet, ist die Prognose schlecht. Trotz der vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten besteht ein Bedarf, die Therapieergebnisse bei diesen Patienten weiter zu verbessern.
In den Studien DESTINY-Gastric02 und DESTINY-Gastric01 konnte eine klinisch bedeutsame Ansprechrate beobachtet werden, die höher liegt als von den aktuellen Standardbehandlungen.
Die beobachteten Nebenwirkungen entsprachen dem bekannten Sicherheitsprofil von Enhertu und sind in der Fachinformation beschrieben. Angesichts des Studiendesigns sind bestätigende Wirksamkeitsergebnisse erforderlich. Die Antragstellerin hat sich verpflichtet, Daten der laufenden Studie DESTINY-Gastric04 einzureichen, um den klinischen Nutzen von Enhertu bei dieser Erkrankung zu belegen. Aufgrund dieser Erkenntnisse hat Swissmedic die Indikation für das Arzneimittel Enhertu, das den Wirkstoff Trastuzumab-Deruxtecan enthält, in der Schweiz erweitert. Es ist nun auch für die Zweitlinien-Behandlung von lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem HER2-positivem Adenokarzinom des Magens oder des gastroösophagealen Übergangs zugelassen. Diese Anwendung wurde gemäss Artikel 9a HMG befristet genehmigt, da zum Zeitpunkt der Zulassung noch nicht alle klinischen Studien abgeschlossen oder verfügbar waren. Die befristete Indikationserweiterung ist zwingend an die zeitgerechte Einreichung der von Swissmedic verlangten ergänzenden Daten gebunden. Nach Erfüllung dieser Zulassungsauflagen kann die befristete Zulassung bei positiver Nutzen-Risiko-Beurteilung der Resultate in eine Zulassung ohne besondere Auflagen überführt werden.
Weitere Informationen zum Arzneimittel
Information für medizinisches Fachpersonal:
Weitere Fragen beantworten Gesundheitsfachpersonen.
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Enhertu® (Wirkstoff: Trastuzumab-Deruxtecan) (PDF, 609 kB, 17.01.2025)Indikationserweiterung (03)
Der Stand dieser Information entspricht demjenigen des SwissPAR. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Kurzbericht Arzneimittelzulassung ein.
In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirksamkeit oder die Sicherheit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.