Arzneimittel zur Behandlung von chronischer Nierenerkrankung und Typ-2-Diabetes bei Erwachsenen
Public Summary SwissPAR vom 01.04.2022
Kerendia® (Wirkstoff: Finerenon)
Erstzulassung in der Schweiz: 26.11.2021
Über das Arzneimittel
Kerendia enthält den Wirkstoff Finerenon und wird angewendet zur Behandlung von Erwachsenen mit chronischer Nierenerkrankung und Typ-2-Diabetes, um das Fortschreiten der Nierenschädigung zu verzögern.
Unter chronischer Nierenerkrankung versteht man die anhaltende Einschränkung der Nierenfunktion (insbesondere der Filtrationsfunktion), welche letztlich zur Anhäufung toxischer Stoffwechselprodukte im Körper führt.
Beim Typ-2-Diabetes steigt der Blutzuckerspiegel aufgrund einer abnehmenden Wirksamkeit des körpereigenen Hormons Insulin (Insulinresistenz) an. Ein dauerhafter Anstieg des Blutzuckerspiegels führt zur Schädigung kleinerer Gefässe, z. B. in der Niere. Patientinnen und Patienten mit Typ-2-Diabetes haben deshalb ein erhöhtes Risiko für chronische Nierenerkrankungen.
Kerendia wurde im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative des Access Consortiums zugelassen. Bei der Gemeinschaftsinitiative handelt es sich um eine Zusammenarbeit zwischen den Arzneimittelbehörden aus Australien (Therapeutic Goods Administration, TGA), Kanada (Health Canada, HC), Singapur (Health Sciences Authority, HSA), dem Vereinigten Königreich (Medicines & Healthcare products Regulatory Agency, MHRA) sowie Swissmedic und der pharmazeutischen Industrie. Die Gemeinschaftsinitiative koordiniert die Begutachtung von Zulassungen mit neuen Wirkstoffen, welche in mindestens zwei der fünf Ländern eingereicht werden.
Das Zulassungsgesuch für Kerendia wurde bei den Arzneimittelbehörden von Singapur, Australien und der Schweiz eingereicht. Jedes Land hat einen Teil des Gesuchs beurteilt und die Resultate anschliessend ausgetauscht und diskutiert. Am Ende hat jede Behörde unabhängig über die Zulassung entschieden.
Wirkung
Der Wirkstoff Finerenon ist ein sogenannter «Mineralkortikoid-Rezeptor-Antagonist[1]» (MRA). Man nimmt an, dass eine Überaktivierung des «Mineralkortikoid-Rezeptor» an der Schädigung der Nieren beteiligt ist.
[1] Rezeptor-Antagonist: Rezeptoren sind sehr spezifische Andockstellen. Es gibt Rezeptoren für eine Vielzahl von Substanzen. Sobald eine spezifische Substanz (Agonist) an ihren Rezeptor bindet, wird eine Reaktion in der Zelle ausgelöst. Ein Antagonist blockiert einen Rezeptor und verhindert somit, dass ein Agonist an einen Rezeptor binden kann.
Anwendung
Kerendia ist rezeptpflichtig und in 2 verschiedenen Dosierungen erhältlich (10 mg und 20 mg des Wirkstoffs Finerenon). Die übliche Dosierung beträgt 1 Filmtablette 10 mg oder 20 mg täglich, je nach Ergebnissen der Bluttests, die vor der Behandlung vom Arzt oder von der Ärztin durchgeführt werden, um die korrekte Dosis festzulegen.
Die Filmtablette sollte unzerkaut, täglich zur selben Zeit mit einem Glas Wasser, mit oder ohne Nahrung eingenommen werden. Kerendia sollte nicht zusammen mit Grapefruitsaft oder Grapefruits eingenommen werden.
Wirksamkeit
Die Wirksamkeit von Kerendia zur Behandlung von Typ-2-Diabetes und chronischer Nierenerkrankung bei Erwachsenen wurde in der Studie FIDELIO-DKD mit insgesamt 5674 Teilnehmenden untersucht. Die Hälfte der Patientinnen und Patienten wurde mit Kerendia behandelt und die andere Hälfte mit Placebo (Scheinmedikament).
Die primäre Auswertung[2] basierte zusammengesetzt aus den drei Faktoren:
- der Zeit bis zum ersten Auftreten eines Nierenversagens
- der Abnahme der eGFR (glomeruläre Filtrationsrate[3]) um >40 % gegenüber dem Ausgangswert über mindestens vier Wochen
- des Todes infolge Nierenversagen
Mit der Studie konnte eine Überlegenheit der Behandlung mit Kerendia gegenüber Placebo für die beschriebenen primären Auswertungsfaktoren nachgewiesen werden.
Weiter konnte mit der Behandlung von Kerendia gegenüber der Behandlung mit Placebo auch signifikant weniger Vorkommnisse von Herzinsuffizienz[4], nichttödlichem Herzinfarkt und kardiovaskulär (Herzkreislauf) bedingtem Tod nachgewiesen werden.
[2] Primäre Auswertung: Die primäre Auswertung findet zum primären Endpunkt einer klinischen Studie statt. Der primäre Endpunkt ist das, vor der Studie festgelegte, erstrangige Ziel der Studie. Wird der primäre Endpunkt erreicht oder übertroffen, belegt die Studie, dass eine Behandlung wirksam ist. Sekundäre Endpunkte dagegen bilden weitere Effekte ab, die jedoch nicht eindeutig die Wirksamkeit belegen bzw. keinen eindeutigen Schluss auf das eigentliche Zielkriterium (primärer Endpunkt) erlauben.
[3] Glomeruläre Filtrationsrate (eGFR): Die eGFR ist ein wichtiger Wert zur Abschätzung der Nierenfunktion. Er beschreibt die Durchflussrate der gefilterten Flüssigkeit durch die Niere.
[4] Herzinsuffizienz: Herzinsuffizienz bedeutet, dass die Pumpleistung des Herzmuskels nicht mehr stark genug ist, um den gesamten Organismus ausreichend mit Blut zu versorgen.
Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken
Kerendia darf bei einer Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe nicht angewendet werden.
Die häufigste unerwünschte Wirkung bei allen mit Kerendia behandelten Patientinnen und Patienten war ein erhöhter Kaliumspiegel (Hyperkaliämie).
Alle Vorsichtsmassnahmen, Risiken und weitere mögliche unerwünschte Wirkungen sind in der Patientinnen- und Patienteninformation sowie in der Fachinformation aufgeführt, welche bei Bedarf aktualisiert werden (siehe Link am Ende dieses Dokumentes).
Begründung des Zulassungsentscheids
Die zulassungsrelevante Studie zeigte einen signifikanten und klinisch bedeutsamen Vorteil von Kerendia im Vergleich zu Placebo mit einer Verringerung des Risikos zum Fortschreiten der chronischen Nierenerkrankung. Auch das Risiko für schwere kardiovaskuläre Nebenwirkungen war kleiner.
Unter Berücksichtigung aller vorliegenden Daten überwiegen die Vorteile von Kerendia die Risiken. Swissmedic hat daher das Arzneimittel Kerendia zugelassen für die Behandlung von Erwachsenen mit chronischer Nierenerkrankung und Typ-2-Diabetes, um das Fortschreiten einer Nierenschädigung zu verzögern.
Weitere Informationen zum Arzneimittel
Information für medizinisches Fachpersonal:
Information für Patientinnen und Patienten (Packungsbeilage):
Weitere Fragen beantworten Gesundheitsfachpersonen.
Der Stand dieser Information entspricht demjenigen des SwissPAR. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Public Summary SwissPAR ein.
In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirkung oder die Sicherheit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.