Kurzbericht Zulassung – Padcev®

Kurzbericht Arzneimittelzulassung vom 13.01.2025

Padcev® (Wirkstoff: Enfortumab vedotin)

Indikationserweiterung in der Schweiz: 17.09.2024

Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Injektionslösung zur Behandlung von nicht operablem oder metastasiertem Urothelkarzninom (mUC) in Kombination mit dem  Wirkstoff Pembrolizumab bei Erwachsenen

Über das Arzneimittel

Padcev enthält den Wirkstoff Enfortumab vedotin (Enfortumab ist gentechnologisch hergestellt unter Verwendung von CHO [Chinese Hamster Ovary]-Zellen) und wird in Kombination mit dem Wirkstoff Pembrolizumab[1] für die Erstlinienbehandlung von Patientinnen und Patienten angewendet, deren Urothelkarzinom (mUC)[2] nicht operativ entfernt werden kann oder metastasiert ist.

Die Indikationserweiterung von Padcev wurde im Rahmen des «Project Orbis» zugelassen. Project Orbis ist ein von der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA koordiniertes Programm für vielversprechende Krebsbehandlungen. Es bietet einen Rahmen für die gleichzeitige Einreichung und Prüfung von Krebsmedikamenten durch mehrere internationale Partnerbehörden verschiedener Länder. Damit wird das Ziel verfolgt, Patientinnen und Patienten einen schnelleren Zugang zu innovativen Krebsbehandlungen zu ermöglichen. Zurzeit sind die Zulassungsbehörden von Australien (TGA), Brasilien (ANVISA), Israel (MOH), Kanada (HC), Singapur (HSA), Schweiz (Swissmedic) und dem Vereinigten Königreich (MHRA) im Project Orbis vertreten.

Padcev wurde am 09.November 2021 erstmals von Swissmedic zugelassen für die Monotherapie von Erwachsenen mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Urothelkarzinom (mUC), die zuvor bereits eine platinhaltige Chemotherapie und eine Behandlung mit PD-Inhibitoren (PD-1/PD-L1[3]) erhalten haben, jedoch einen Fortschritt oder Rückfall der Erkrankung erlitten.

[1] Pembrolizumab: Pembrolizumab ist im Immuntherapie-Medikament enthalten, welches das Protein PD-1 blockiert um dem Immunsystem zu helfen, Krebszellen besser zu erkennen und zu bekämpfen.

[2] Urothelkarzinom (UC): Als Urothelkarzinom werden Blasenkrebs und Krebserkrankungen der Harnwege (Nierenbecken, Harnleiter oder der Harnröhre) bezeichnet.

[3] PD-1/ PD-L1: Krebsmedikamente, die als Inhibitor des programmierten Zelltodrezeptors-1 (PD-1) oder des programmierten Zelltod-Liganden 1 (PD-L1) wirken.

Wirkung

Enfortumab vedotin gehört zur Medikamentenklasse der Antikörper-Arzneimittel-Konjugate (ADC). Der Wirkstoff besteht aus einem monoklonalen Antikörper (immunologisch aktive Proteine), der mit der Substanz Monomethyl-Auristatin E (MMAE) verbunden ist. MMAE ist ein Cytotoxin (Zellgift), das Krebszellen abtöten kann. Der monoklonale Antikörper bindet sich vorwiegend an einen spezifischen Rezeptor (Zielstelle) an der Oberfläche der Urothelkarzinomzellen, wodurch MMAE in die Zellen freigesetzt wird. Der damit ausgelöste Prozess führt zum Zelltod der Krebszelle.

Anwendung

Padcev ist rezeptpflichtig und als Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung zugelassen. Es wird nach Herstellung als Infusion in die Venen verabreicht. Die Durchstechflaschen enthalten 20 mg bzw. 30 mg Enfortumab vedotin.

Die empfohlene Dosis von Padcev in Kombination mit Pembrolizumab beträgt 1,25 mg/kg Körpergewicht (bis zu einem Maximum von 125 mg für Patienten ≥100 kg Körpergewicht) und wird als intravenöse Infusion über 30 Minuten an den Tagen 1 und 8 eines 21-tägigen Zyklus verabreicht bis zum Fortschreiten der Krankheit oder bis inakzeptable Nebenwirkungen auftreten.

Wirksamkeit

Die Wirksamkeit von Padcev in Kombination mit Pembrolizumab wurde in der Studie EV-302 untersucht, an der 886 Patientinnen und Patienten mit unbehandeltem, nicht operablem oder metastasiertem Urothelkarzinom (mUC) teilnahmen.

Die Teilnehmenden erhielten entweder Padcev zusammen mit Pembrolizumab oder eine Standard-Chemotherapie.

Die Studie zeigte, dass die Kombinationstherapie das progressionsfreie Überleben (PFS)[4] signifikant verbesserte, mit einer medianen[5] PFS von 12,5 Monaten gegenüber 6,3 Monaten bei der Standard-Chemotherapie. Darüber hinaus verbesserte die Kombination die Gesamtüberlebenszeit (OS)[6] signifikant, mit einer medianen OS von 31,5 Monaten gegenüber 16,1 Monaten.

[4] Progressionsfreies Überleben (PFS, progression-free survival): Zeitspanne zwischen dem Start einer Behandlung oder einer klinischen Studie und dem Beginn des Fortschreitens der Krankheit oder dem Tod der Patientin oder des Patienten.

[5] Median: Der Wert, der genau in der Mitte einer Datenverteilung liegt, nennt sich Median oder Zentralwert. Die eine Hälfte aller Daten ist immer kleiner, die andere grösser als der Median.

[6] Gesamtüberleben: Das Gesamtüberleben (overall survival, OS) bezeichnet die Zeitspanne zwischen Therapiebeginn und Tod des Patienten bzw. der Patientin.

Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken

Padcev darf bei einer Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe nicht angewendet werden.

Die häufigsten unerwünschten Wirkungen aller mit Padcev behandelten Patientinnen und Patienten waren Alopezie (übermässiger Haarausfall), Müdigkeit, verminderter Appetit, periphere sensorische Neuropathie (Erkrankung des Nervensystems), Durchfall, Übelkeit, Pruritus (Juckreiz), Dysgeusie (Geschmacksstörung), Anämie (Blutarmut), Gewichtsabnahme, makulopapulöser (knotig-fleckiger) Ausschlag, trockene Haut, Erbrechen, erhöhte AST/ ALT[7], Hyperglykämie (zu hoher Blutzucker), trockene Augen und Ausschlag.

Gegenüber der Monotherapie mit Padcev wurden eine Zunahme von Hautreaktionen, Pneumonitis/ ILD und Peripheren Neuropathien beobachtet bei der Kombinationstherapie mit Pembrolizumab.

Alle Vorsichtsmassnahmen, Risiken und weitere mögliche unerwünschte Wirkungen werden in der Fachinformation aufgeführt.

[7] AST/ ALT: Aspartataminotransferase (AST) und Alaninaminotransferase (ALT): Dies sind beides Enzyme, welche vor allem in den Leberzellen produziert werden. Erhöhte Blutwerte der Aktivität dieser Enzyme können einen Hinweis auf Erkrankungen im Bereich der Leber darstellen.

Begründung des Zulassungsentscheids

Für Patientinnen und Patienten mit nicht operablem oder metastasiertem Urothelkarzinom (mUC) sind die Ergebnisse verfügbarer Behandlungsoptionen nicht zufriedenstellend, insbesondere hinsichtlich der Gesamtüberlebenszeit.

Padcev in Kombination mit Pembrolizumab zeigt in Studien eine signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens und des progressionsfreien Überlebens im Vergleich zur herkömmlichen Chemotherapie.

Unter Berücksichtigung aller Risiken und Vorsichtsmassnahmen und aufgrund der vorliegenden Daten überwiegen die Vorteile der Indikationserweiterung von Padcev die Risiken.

Swissmedic hat daher die Indikationserweiterung zum Arzneimittel Padcev in Kombination mit Pembrolizumab für die Erstlinienbehandlung von Erwachsenen Patientinnen und Patienten mit nicht operablem oder metastasiertem Urothelkarzinom (mUC) für die Schweiz zugelassen.

Weitere Informationen zum Arzneimittel

Information für medizinisches Fachpersonal:

Weitere Fragen beantworten Gesundheitsfachpersonen.

 

Der Stand dieser Information entspricht demjenigen des SwissPAR. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Kurzbericht Arzneimittelzulassung ein.

In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirksamkeit oder die Sicherheit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.