Kurzbericht Zulassung – Tecartus®

Kurzbericht Arzneimittelzulassung vom 13.12.2024

Tecartus®(Wirkstoff: Brexucabtagen-Autoleucel)

Indikationserweiterung in der Schweiz: 12.01.2023

Zelldispersion zur Infusion bei Erwachsenen zur gentherapeutischen Behandlung von rezidivierender oder refraktärer akuter B-Vorläuferzell-lymphoblastischer Leukämie (B-ALL) (Drittlinientherapie)

Über das Arzneimittel

Tecartus enthält den Wirkstoff Brexucabtagen-Autoleucel und ist ein Gentherapie-Arzneimittel. Es wird angewendet zur Behandlung von Erwachsenen mit akuter B-Vorläuferzell-lymphoblastischer Leukämie (B-ALL).

Tecartus wird eingesetzt, wenn die Erkrankung nach zwei oder mehr systemischen Therapien erneut auftritt (rezidivierte Erkrankung) oder nicht auf Behandlungen anspricht (refraktäre Erkrankung).

Der Wirkstoff Brexucabtagen-Autoleucel besteht aus modifizierten eigenen T-Zellen der Patientin oder des Patienten. Diese wurden genetisch verändert, um Krebszellen gezielt zu erkennen und zu bekämpfen. Durch die Infusion dieser modifizierten T-Zellen sollen die Krebszellen abgetötet werden, was die Krankheit kontrollieren oder verbessern kann.   

Tecartus wurde am 25.08.2021 von Swissmedic bereits für die gentherapeutische Behandlung von Erwachsenen mit rezidivierenden oder refraktären Mantelzell-Lymphomen als Drittlinientherapie zugelassen.

Da es sich bei B-ALL um eine seltene und lebensbedrohende Krankheit handelt, wurde auch die Indikationserweiterung des Arzneimittels als «Orphan Drug» zugelassen. Mit «Orphan Drug» werden wichtige Arzneimittel für seltene Krankheiten bezeichnet.

Wirkung

Der Wirkstoff Brexucabtagen-Autoleucel ist eine sogenannte CD-19-gerichtete zelluläre Immuntherapie (CAR-T-Zelltherapie[1]). Der Wirkstoff Brexucabtagen-Autoleucel bindet an das CD-19-Antigen auf der Zelloberfläche der Tumorzellen. Durch diese Bindung werden nachgeschaltete Signale ausgelöst, wodurch die CAR-T-Zellen aktiviert werden und sich vermehren.

Das körpereigene Immunsystem kann durch diesen Wirkmechanismus die Lymphomzellen, welche den Krebs verursachen, bekämpfen und abtöten. 

[1] Die CAR-T-Zelltherapie ist eine spezifische Immuntherapie bei Krebs. Bei dieser Therapie werden der Patientin oder dem Patienten körpereigene Immunzellen entnommen und gentechnologisch so verändert, dass diese Krebszellen erkennen und gezielt vernichten können. Die veränderten CAR-T-Zellen werden der Patientin oder dem Patienten über eine Infusion zurückgegeben. 

Anwendung

Tecartus ist rezeptpflichtig.

Tecartus ist eine patientenspezifische Anti-CD19-CAR-T-Zelldispersion zur Infusion in die Vene.

Die Anwendung erfolgt in folgenden Schritten. Zunächst werden den Patientinnen oder Patienten T-Lymphozyten (eine Untergruppe der weissen Blutkörperchen) entnommen. Im Anschluss werden daraus die CAR-T-Zellen für jeden Patienten und jede Patientin individuell hergestellt. Vor der Verabreichung von Tecartus muss die Anzahl der Lymphozyten im Blut und Knochenmark mit einer Chemotherapie reduziert werden. Direkt anschliessend wird dann die CAR-T-Zell-Infusion durchgeführt.

Die Therapie erfolgt in einem Behandlungszentrum mit unmittelbarem Zugang zu geeigneten intensivmedizinischen Stationen zur Behandlung möglicher schwerer Reaktionen. Die Patientinnen bzw. Patienten sollten nach der Tecartus-Behandlung mindestens 10 Tage lang täglich ins Spital kommen oder stationär im Spital bleiben, und sich mindestens 4 Wochen in Reichweite des behandelnden Spitals aufhalten.

Wirksamkeit

Die Wirksamkeit von Tecartus zur Behandlung von Erwachsenen mit akuter B-Vorläuferzell-lymphoblastischer Leukämie (B-ALL) wurde in der Studie ZUMA-3 mit 71 Patientinnen und Patienten mit rezidivierter oder refraktärer ALL untersucht.

Der primäre Endpunkt der Studie war die Gesamtansprechrate (OCR), bestehend aus vollständiger Remission (CR) und vollständiger Remission mit unvollständiger hämatologischer Erholung (CRi). Remission bedeutet in diesem Zusammenhang das Zurückgehen der Krankheit oder ihrer Symptome. Die unvollständige hämatologische Erholung bezieht sich auf eine teilweise Wiederherstellung der gesunden Funktionen des Blutes.

Die Ergebnisse zeigen eine OCR-Rate von 66,7 % und eine CR-Rate von 51,1 %.

Die mediane[2] Dauer der Remission betrug 14,6 Monate.

[2] Median: Der Wert, der genau in der Mitte einer Datenverteilung liegt, nennt sich Median oder Zentralwert. Die eine Hälfte aller Daten ist immer kleiner, die andere grösser als der Median.

Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken

Tecartus darf bei einer Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe nicht angewendet werden.

Die häufigsten schwerwiegenden unerwünschten Wirkungen sind Infektionen (28 %), Enzephalopathie (Erkrankung des Gehirns) (26 %) und das Zytokin-Freisetzungssyndrom (CRS)[3] (15 %).

Alle Vorsichtsmassnahmen, Risiken und weitere mögliche unerwünschte Wirkungen sind in der Patientinnen- und Patienteninformation (Packungsbeilage) sowie in der Fachinformation aufgeführt.

[3] CRS: Das Zytokin-Freisetzungssyndrom ist eine systemische Entzündungsreaktion aufgrund massiver Ausschüttung von Zytokinen (Eiweisse), die die weissen Blutkörperchen aktivieren.

Begründung des Zulassungsentscheids

Zum Zeitpunkt der Indikationserweiterung von Tecartus gibt es für Erwachsene mit rezidivierter oder refraktärer B-ALL einen hohen ungedeckten medizinischen Bedarf.

Die Studie ZUMA-3 zeigte, dass 66.7 % der mit Tecartus behandelten Patientinnen und Patienten entweder eine vollkommene Remission (CR) oder eine vollständige Remission mit unvollständiger hämatologischer Erholung (CRi) erreichten. Zudem hat eine weitere Studie (retrospektive SCHOLAR-3) bestätigt, dass Patientinnen und Patienten, die mit Tecartus behandelt wurden, eine signifikant höhere Überlebensrate im Vergleich zu historischen Kontrollen haben. Trotz der Risiken von CRS und neurologischen Nebenwirkungen überwiegt der Nutzen von Tecartus für diese schwer zu behandelnde Patientengruppe. Auf Grund dieser Erkenntnisse hat Swissmedic das Arzneimittel Tecartus, das den Wirkstoff Brexucabtagene Autoleucel enthält, für die Schweiz mit der vorliegenden Indikationserweiterung auch für die Behandlung von Erwachsenen mit rezidivierter oder refraktärer B-Zell-Vorläufer-akuter lymphoblastischer Leukämie (B-ALL) zugelassen.

Weitere Informationen zum Arzneimittel

Information für medizinisches Fachpersonal:

Information für Patientinnen und Patienten (Packungsbeilage):

Weitere Fragen beantworten Gesundheitsfachpersonen.

 

Der Stand dieser Information entspricht demjenigen des SwissPAR. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Kurzbericht Arzneimittelzulassung ein.

In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirksamkeit oder die Sicherheit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.