Kurzbericht Zulassung – Tecartus®

Kurzbericht Arzneimittelzulassung vom 28.11.2024

Tecartus®(Wirkstoff: Brexucabtagen-Autoleucel)

Zulassung in der Schweiz: 25.08.2021

Zelldispersion zur Infusion bei Erwachsenen zur gentherapeutischen Behandlung von rezidivierenden oder refraktären Mantelzell-Lymphomen (Drittlinientherapie)

Über das Arzneimittel

Tecartus enthält den Wirkstoff Brexucabtagen-Autoleucel und ist eine gegen CD19 gerichtete, gentechnisch modifizierte, autologe[1] T-Zellen-Immuntherapie bei erwachsenen Patientinnen und Patienten mit Mantelzell-Lymphomen (MCL), die auf zwei oder mehr Therapien, unter anderem mit einem Bruton-Tyrosin-Kinase (BTK)-Hemmer, nicht angesprochen haben.

Das Mantelzell-Lymphom ist eine seltene und meist aggressive Form des Non-Hodgkin-Lymphoms, einer Krebserkrankung des lymphatischen Systems. Es betrifft häufiger Männer und wird meist bei älteren Menschen diagnostiziert. Diese Krebsart entsteht aus bestimmten Immunzellen, den B-Zellen, die in den Lymphknoten vorkommen. Ein genetischer Fehler, der bei den meisten MCL-Patienten und -Patientinnen vorliegt, führt dazu, dass ein Protein namens Cyclin D1 verstärkt gebildet wird. Dies bewirkt, dass die Zellen unkontrolliert wachsen und sich vermehren.

Die Krankheit wird oft erst in einem späten Stadium entdeckt, wenn sich die Krebszellen schon auf viele Lymphknoten und oft auch auf andere Organe wie die Milz, das Knochenmark oder den Magen-Darm-Trakt ausgebreitet haben. Daher ist die Prognose häufig ungünstig.

Die Behandlung von MCL beginnt meist mit einer Kombination aus Chemotherapie und einem Antikörper, der die Krebszellen angreift. Diese Behandlungen zeigen oft anfangs gute Erfolge, trotzdem kommt es häufig zu Rückfällen. In diesen Fällen stehen stärkere Chemotherapien sowie ein BTK-Hemmer zur Verfügung, der bestimmte Mechanismen der Krebszellen blockiert.

Tecartus kommt in dritter Linie zur Anwendung bei wiederauftretendem (rezidiviertem) oder refraktärem[2] MCL.

Da es sich bei MCL um eine seltene und lebensbedrohende Krankheit handelt, wurde das Arzneimittel als «Orphan Drug» zugelassen. Mit «Orphan Drug» werden wichtige Arzneimittel für seltene Krankheiten bezeichnet.

[1] Autolog: zu demselben Individuum gehörig, d.h. hier patienteneigene T-Zellen

[2] Refraktär bedeutet in Bezug auf eine Krebserkrankung, dass der Krebs auf die Behandlung nicht anspricht und sich trotz Behandlung nicht zurückbildet, sondern sogar weiter fortschreitet.

Wirkung

Der Wirkstoff Brexucabtagen-Autoleucel ist eine sogenannte CD-19-gerichtete zelluläre Immuntherapie (CAR-T-Zelltherapie[3]). Der Wirkstoff Brexucabtagen-Autoleucel bindet an das CD-19-Antigen auf der Zelloberfläche der Tumorzellen. Durch diese Bindung werden nachgeschaltete Signale ausgelöst, wodurch die CAR-T-Zellen aktiviert werden und sich vermehren.

Das körpereigene Immunsystem kann durch diesen Wirkmechanismus die Lymphomzellen, welche den Krebs verursachen, bekämpfen und abtöten.

[3] Die CAR-T-Zelltherapie ist eine spezifische Immuntherapie bei Krebs. Bei dieser Therapie werden der Patientin oder dem Patienten körpereigene Immunzellen entnommen und gentechnologisch so verändert, dass diese Krebszellen erkennen und gezielt vernichten können. Die veränderten CAR-T-Zellen werden der Patientin oder dem Patienten über eine Infusion zurückgegeben. 

Anwendung

Tecartus ist rezeptpflichtig.

Tecartus ist eine patientenspezifische Anti-CD19-CAR-T-Zelldispersion zur Infusion in die Vene.

Die Anwendung erfolgt in folgenden Schritten. Zunächst werden den Patientinnen oder Patienten T-Lymphozyten (eine Untergruppe der weissen Blutkörperchen) entnommen. Im Anschluss werden daraus die CAR-T-Zellen für jeden Patienten und jede Patientin individuell hergestellt. Vor der Verabreichung von Tecartus muss die Anzahl der Lymphozyten im Blut und Knochenmark mit einer Chemotherapie reduziert werden. Direkt anschliessend wird dann die CAR-T-Zell-Infusion durchgeführt.

Die Therapie erfolgt in einem Behandlungszentrum mit unmittelbarem Zugang zu geeigneten intensivmedizinischen Stationen zur Behandlung möglicher schwerer Reaktionen. Die Patientinnen bzw. Patienten sollten nach der Tecartus-Behandlung mindestens 10 Tage lang täglich ins Spital kommen oder stationär im Spital bleiben, und sich mindestens 4 Wochen in Reichweite des behandelnden Spitals aufhalten.

Wirksamkeit

Die Wirksamkeit von Tecartus wurde in der ZUMA-2-Studie mit 74 MCL-Patientinnen und -Patienten untersucht. Die Patienten waren bereits mit Chemotherapie, Antikörpern und BTK-Hemmern vorbehandelt, ihre Krebserkrankung kam jedoch wieder. Die Ansprechrate auf die Behandlung mit Tecartus in der ZUMA-2-Studie war deutlich höher als aufgrund der historischen Kontrolle (ähnliche MCL-Patientinnen und -Patienten, denen man eine andere Behandlung geben hatte) erwartet. Die Überlebenszeiten ohne Fortschreiten der Krankheit (PFS) und das allgemeine Überleben (OS) sind zum Zeitpunkt der Zulassung noch nicht vollständig ausgewertet, aber die bisherigen Daten weisen darauf hin, dass viele MCL-Patientinnen und -Patienten länger überleben.

Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken

Tecartus darf bei einer Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe nicht angewendet werden.

Die häufigsten schwerwiegenden unerwünschten Wirkungen sind Infektionen (28 %), Enzephalopathie (Erkrankung des Gehirns) (26 %) und das Zytokin-Freisetzungssyndrom[4] (15 %).

Alle Vorsichtsmassnahmen, Risiken und weitere mögliche unerwünschte Wirkungen sind in der Patientinnen- und Patienteninformation (Packungsbeilage) sowie in der Fachinformation aufgeführt.

[4] CRS: Das Zytokinfreisetzungssyndrom ist eine systemische Entzündungsreaktion aufgrund massiver Ausschüttung von Zytokinen (Eiweisse), die die weissen Blutkörperchen aktivieren.

Begründung des Zulassungsentscheids

Das Mantelzell-Lymphom ist eine lebensbedrohliche Erkrankung. Der medizinische Bedarf an Therapien für Patientinnen und Patienten, deren Krebs trotz unterschiedlicher Therapieansätze wiederkommt oder fortschreitet, ist hoch.

Für die zugelassene Indikation, also für Patienten und Patientinnen, die den Kriterien der ZUMA-2-Studie entsprechen, ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis einer Tecartus-Therapie positiv, insbesondere da diese Patienten nur noch sehr wenige andere Behandlungsoptionen haben.

Für eine bessere Einschätzung der Langzeitwirkungen wird die ZUMA-2-Studie von der Zulassungsinhaberin weiterverfolgt. Dabei ist zu beachten, dass nicht alle Patienten langfristig von einer Tecartus-Therapie profitieren; bei einigen kann die Wirkung weniger dauerhaft sein. Die Tecartus-Patientinnen und -Patienten müssen in ein Register aufgenommen werden, das die langfristige Sicherheit und Wirksamkeit dieser CAR-T-Zelltherapie überwacht.

Unter Berücksichtigung aller Risiken und Vorsichtsmassnahmen und aufgrund der vorliegenden Daten überwiegen die Vorteile von Tecartus die Risiken. Swissmedic hat daher das Arzneimittel Tecartus mit dem Wirkstoff Brexucabtagen-Autoleucel für die Schweiz zugelassen.

Weitere Informationen zum Arzneimittel

Information für medizinisches Fachpersonal:

Information für Patientinnen und Patienten (Packungsbeilage):

Weitere Fragen beantworten Gesundheitsfachpersonen.

 

Der Stand dieser Information entspricht demjenigen des SwissPAR. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Kurzbericht Arzneimittelzulassung ein.

In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirksamkeit oder die Sicherheit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.