Infusionsdispersion zur Behandlung des rezidivierenden und refraktären multiplen Myeloms bei Erwachsenen, die zuvor schon mindestens 3 Therapien erhalten haben
Kurzbericht Arzneimittelzulassung vom 21.01.2025
Carvykti® (Wirkstoff: Ciltacabtagen-Autoleucel)
Zulassung in der Schweiz: 08.08.2022
Über das Arzneimittel
Carvykti enthält den Wirkstoff Ciltacabtagen-Autoleucel.
Es wird zur Behandlung des fortgeschrittenen multiplen Myeloms («Knochenmarkkrebs») bei Erwachsenen eingesetzt, deren multiples Myelom (MM) nicht auf 3 vorangehende Therapien angesprochen hat (refraktär), und deren Erkrankung nach der letzten Behandlung ein Fortschreiten gezeigt hat (rezidivierend).
Das MM ist eine seltene Krebsart, welche etwa 1-2 Prozent aller Krebserkrankungen ausmacht. Die Häufigkeit der Neuerkrankungen mit MM nimmt mit dem Alter zu. Zwei Drittel der neuerkrankten Personen sind über 65 Jahre alt. Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch eine übermässige Vermehrung der Plasmazellen. Plasmazellen sind eine Unterart der weissen Blutkörperchen, welche im körpereigenen Abwehrsystem (Immunsystem) für die Produktion von Antikörpern verantwortlich sind. Im Rahmen des MM vermehren sich Plasmazellen unkontrolliert im Knochenmark und manchmal auch in anderen Organen. Dies verhindert die normale Bildung von Blutzellen und kann Knochen und andere Organe zerstören bzw. in ihrer Funktion beeinträchtigen.
Da es sich beim multiplen Myelom um eine seltene und lebensbedrohende Krankheit handelt, wurde Carvykti als «Orphan Drug» zugelassen. Mit «Orphan Drug» werden wichtige Arzneimittel für seltene Krankheiten bezeichnet.
Wirkung
Der Wirkstoff in Carvykti, Ciltacabtagen-Autoleucel, ist eine Immuntherapie mit gentechnisch veränderten autologen[1] T-Zellen. Diese Therapie nutzt die eigenen T-Zellen der Patientinnen und Patienten, die so verändert wurden, dass sie das sogenannte B-Zell-Reifungsantigen (BCMA) auf der Oberfläche von Myelomzellen erkennen und bekämpfen können. Wenn die veränderten T-Zellen wieder in den Körper zurückgeführt werden, binden sie an die Krebszellen, aktivieren und vermehren sich, und helfen so dabei, diese zu zerstören.
[1] Autolog: zu demselben Individuum gehörig, d.h. hier patienteneigene T-Zellen
Anwendung
Carvykti ist rezeptpflichtig.
Carvykti wird als Infusion intravenös (in die Venen) verabreicht und enthält 0,5-1,0 x 10^6 CAR-positive lebensfähige T-Zellen pro kg Körpergewicht, mit einer maximalen Dosis von 1 x 10^8 CAR-positive lebensfähige T-Zellen, die in einem patientenspezifischen Infusionsbeutel verpackt sind. Die empfohlene Behandlung besteht in einer einzigen Infusion von Carvykti, die in einem qualifizierten Behandlungszentrum unter Aufsicht und Leitung eines Arztes oder einer Ärztin verabreicht wird.
Wirksamkeit
Die Wirksamkeit von Carvykti wurde in der Studie MMY2001 untersucht, bei der Patientinnen und Patienten mit rezidiviertem und refraktärem Multiplem Myelom behandelt wurden. Die Teilnehmenden hatten vorher mindestens drei Therapielinien, einschliesslich eines Proteasom-Inhibitors, eines Immunmodulators und eines Anti-CD38-Antikörpers erhalten.
Insgesamt 97 Patientinnen und Patienten erhielten eine Infusion von Carvykti bei einer medianen Dosis von 0,71×10^6 CAR-positiven lebensfähigen T-Zellen/kg Körpergewicht.
Der primäre Endpunkt der Studie war die Gesamtansprechrate (ORR[2]), die bei 97,9 % lag, wobei 80,4 % der Patientinnen und Patienten eine stringente vollständige Remission erreichten. Remission bedeutet in diesem Zusammenhang das Zurückgehen der Krankheit oder ihrer Symptome. Die geschätzte mediane[3] Dauer des Ansprechens betrug 21,8 Monate und das progressionsfreie Überleben (PFS)[4] lag bei 22,8 Monaten. Die Studie zeigte somit eine hohe Ansprechrate und eine vielversprechende Dauer des Ansprechens bei dieser Patientengruppe.
[2] ORR (objective response rate) ist definiert als prozentualer Anteil von Patientinnen und Patienten mit Ansprechen auf die Therapie.
[3] Median: Der Wert, der genau in der Mitte einer Datenverteilung liegt, nennt sich Median oder Zentralwert. Die eine Hälfte aller Daten ist immer kleiner, die andere grösser als der Median.
[4] PFS: Progressionsfreies Überleben (PFS, progression-free survival): Zeitspanne zwischen dem Start einer Behandlung oder einer klinischen Studie und dem Beginn des Fortschreitens der Krankheit oder dem Tod der Patientin oder des Patienten.
Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken
Carvykti darf bei einer Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe nicht angewendet werden.
Die häufigsten unerwünschten Wirkungen waren eine verminderte Anzahl an bestimmten Gruppen von weissen Blutkörperchen (Neutropenie 89 %, Lymphopenie 36 % und Leukopenie 33 %), das Zytokinfreisetzungssyndrom[5] (83 %), Anämie (Mangel an roten Blutkörperchen) (60 %) und Thrombozytopenie (niedrige Anzahl an Blutplättchen) (60 %).
Alle Vorsichtsmassnahmen, Risiken und weitere mögliche unerwünschte Wirkungen sind in der Patientinnen- und Patienteninformation (Packungsbeilage) sowie in der Fachinformation aufgeführt.
[5] Zytokinfreisetzungssyndrom: Das Zytokinfreisetzungssyndrom ist eine systemische Entzündungsreaktion aufgrund massiver Ausschüttung von Zytokinen (Eiweisse), die die weissen Blutkörperchen aktivieren.
Begründung des Zulassungsentscheids
Zum Zeitpunkt der Zulassung von Carvykti gibt es beschränkte Behandlungsmöglichkeiten für Patientinnen und Patienten mit rezidiviertem und refraktärem multiplem Myelom, die bereits mindestens drei Therapielinien, einschliesslich eines Proteasom-Inhibitors, eines immunmodulatorischen Wirkstoffs und eines anti-CD38-Antikörpers, erhalten haben.
Carvykti ermöglicht für diese Patientengruppe eine weitere Behandlung, indem es eine gezielte Immuntherapie bietet, die malignen Zellen durch genetisch modifizierte autologe T-Zellen eliminiert.
Die durchgeführten Studien zeigen eine signifikante Ansprechrate und anhaltende Wirksamkeit, wobei die Mehrheit der Patientinnen und Patienten kein Fortschreiten der Krankheit über längere Zeiträume aufwies.
Auch wenn das Arzneimittel potenziell schwerwiegende Nebenwirkungen haben kann, werden diese durch eine engmaschige Überwachung und rechtzeitige Intervention gemindert. Insgesamt überwiegen die positiven Wirkungen von Carvykti auf die Gesundheit und Lebensqualität der Patientinnen und Patienten die bekannten Risiken. Auf Grund dieser Erkenntnisse hat Swissmedic das Arzneimittel Carvykti, das den Wirkstoff Ciltacabtagen-Autoleucel enthält, in der Schweiz für die Behandlung von rezidiviertem und refraktärem multiplem Myelom zugelassen.
Weitere Informationen zum Arzneimittel
Information für medizinisches Fachpersonal:
Information für Patientinnen und Patienten (Packungsbeilage):
Weitere Fragen beantworten Gesundheitsfachpersonen.
Der Stand dieser Information entspricht demjenigen des SwissPAR. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Kurzbericht Arzneimittelzulassung ein.
In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirksamkeit oder die Sicherheit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.