Pulver zur Herstellung einer Injektionslösung zur Behandlung pulmonaler arterieller Hypertonie (PAH) bei Erwachsenen
Kurzbericht Arzneimittelzulassung vom 30.12.2024
Winrevair® (Wirkstoff: Sotatercept)
Zulassung in der Schweiz: 13.09.2024
Über das Arzneimittel
Das Arzneimittel Winrevair enthält den Wirkstoff Sotatercept.
Winrevair wird in Kombination mit einer Standardtherapie zur Behandlung der pulmonalen arteriellen Hypertonie (PAH) bei Erwachsenen angewendet. PAH ist eine Art von Bluthochdruck, der die Arterien in den Lungen betrifft und zu erheblichen Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit und zu einer verringerten Lebenserwartung führen kann. Das Arzneimittel zielt darauf ab, die körperliche Leistungsfähigkeit zu verbessern und das Fortschreiten der Erkrankung zu verzögern.
Winrevair ist für erwachsene Patientinnen und Patienten mit PAH der WHO-Funktionsklasse II bis III zugelassen mit folgenden Diagnosen:
- idiopathische[1] oder erbliche PAH oder
- PAH im Zusammenhang mit Bindegewebserkrankungen oder
- medikamenten- oder toxininduzierte PAH oder
- PAH nach operativer Korrektur eines angeborenen Herzfehlers (Shuntverschluss).
Da es sich bei PAH um eine seltene und lebensbedrohliche Krankheit handelt, wurde das Arzneimittel Winrevair als «Orphan Drug» zugelassen. Mit «Orphan Drug» werden wichtige Arzneimittel für seltene Krankheiten bezeichnet.
Winrevair wurde im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative des Access Consortiums zugelassen. Bei der Gemeinschaftsinitiative handelt es sich um eine Zusammenarbeit zwischen den Arzneimittelbehörden aus Australien (Therapeutic Goods Administration, TGA), Kanada (Health Canada, HC), Singapur (Health Sciences Authority, HSA), dem Vereinigten Königreich (Medicines & Healthcare products Regulatory Agency (MHRA) sowie Swissmedic und der pharmazeutischen Industrie. Die Gemeinschaftsinitiative koordiniert die Begutachtung von Zulassungen mit neuen Wirkstoffen, welche in mindestens zwei der fünf Länder eingereicht werden.
Das Zulassungsgesuch für Winrevair wurde bei den Arzneimittelbehörden von Australien, Kanada, Singapur und der Schweiz beantragt. Jedes Land hat einen Teil des Gesuchs beurteilt und die Resultate anschliessend ausgetauscht und diskutiert. Am Ende des Verfahrens hat jede Behörde unabhängig über die Zulassung entschieden.
In ihren Entscheid für eine Zulassung hat Swissmedic die Beurteilung der ausländischen Referenzbehörden miteinbezogen.
Mehr Informationen zur Gemeinschaftsinitiative Access sind auf der Website von Swissmedic publiziert: Access Consortium (swissmedic.ch).
[1] Idiopathische PAH: Idiopathisch bedeutet, dass die Ursache einer Krankheit unbekannt ist. Wenn Ärztinnen und Ärzte von einer idiopathischen Krankheit sprechen, bedeutet das, dass sie trotz umfangreicher Untersuchungen keinen spezifischen Grund oder Auslöser für die Erkrankung finden können. In Bezug auf idiopathische pulmonale arterielle Hypertonie (PAH) bedeutet dies, dass der hohe Blutdruck in den Lungenarterien der Patientinnen und Patienten ohne erkennbare Ursache auftritt.
Wirkung
Winrevair enthält den Wirkstoff Sotatercept. Dieser blockiert selektiv Wachstumsfaktoren, deren Überfunktion schädliche Veränderungen an den Lungenarterien auslöst. Durch die Hemmung dieser Wachstumsfaktoren verhindert Sotatercept u.a. die fortschreitende Verengung der Lungengefässe. Letztlich werden Blutdruck und die Belastung des rechten Herzens gesenkt. So kann Winrevair die körperliche Leistungsfähigkeit von Patienten verbessern und die Krankheitsprogession verzögern.
Anwendung
Winrevair ist rezeptpflichtig.
Es ist in Form eines Pulvers erhältlich, das vor der Anwendung mit sterilem Wasser zu einer Injektionslösung aufgelöst wird. Es wird einmal alle drei Wochen als subkutane Injektion (unter die Haut) verabreicht, wobei die Dosierung basierend auf dem Körpergewicht der Patientin oder des Patienten erfolgt. Die empfohlene Anfangsdosis beträgt 0,3 mg pro kg Körpergewicht, und die Zieldosis liegt bei 0,7 mg pro kg Körpergewicht. Vor der ersten Dosis sollten der Hämoglobinwert und die Thrombozytenzahl bestimmt werden, und die Werte sollten regelmässig überwacht werden, um gegebenenfalls die Dosierung anzupassen. Winrevair sollte nur unter der Aufsicht einer Ärztin oder eines Arztes, die/der Erfahrung in der Diagnose und Behandlung der pulmonalen arteriellen Hypertonie hat, angewendet werden.
Wirksamkeit
Die Wirksamkeit von Winrevair wurde in der Studie STELLAR bei Erwachsenen mit pulmonaler arterieller Hypertonie (PAH) untersucht.
Die 323 Patientinnen und Patienten erhielten entweder Winrevair oder Placebo (Scheinmedikation), zusätzlich zu ihrer bestehenden PAH-Therapie.
Die Hauptziele der Studie bestanden darin, die Veränderung der Gehstrecke der Studienteilnehmenden im 6-Minuten-Gehtest (6MWD) von Studienbeginn bis Woche 24 zu messen und das Fortschreiten der Krankheit zu verzögern.
Patientinnen und Patienten, die mit Winrevair behandelt wurden, zeigten eine signifikante Verbesserung der 6MWD um 40,8 Meter im Vergleich zur Placebo-Gruppe. Zudem konnte in der Winrevair-Gruppe im Vergleich zu der Placebo-Gruppe eine signifikante Verringerung des Risikos für Tod und klinische Verschlechterung festgestellt werden. In Woche 24 zeigte sich, dass 29 % der Winrevair-Behandelten eine Verbesserung der WHO-Funktionsklasse erzielten, verglichen mit 13,8 % in der Placebo-Gruppe.
Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken
Winrevair darf nicht bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff Sotatercept oder einen der Hilfsstoffe angewendet werden.
Sehr häufige unerwünschte Wirkungen (betrifft mehr als 10 % der behandelten Patientinnen und Patienten) sind Kopfschmerzen (24,5 %), Nasenbluten (Epistaxis) (22,1 %), Erweiterung kleiner Blutgefässe unter der Haut (Telangiektasie) (16,6 %), Durchfall (15,3 %), Schwindel (14,7 %), Hautausschlag (12,3 %) und eine verringerte Anzahl Blutplättchen (Thrombozytopenie) (10,4 %).
Häufige Nebenwirkungen (betrifft mehr als 1 %, jedoch weniger als 10 % der behandelten Patientinnen und Patienten) sind Hautrötung, erhöhter Blutdruck und ein Anstieg des Hämoglobins im Blut als Ausdruck einer gesteigerten Erythrozytose. Erythrozytose ist ein Zustand, bei dem zu viele rote Blutkörperchen produziert werden, was das Risiko von Blutgerinnseln erhöht.
Ein zusätzliches Risiko sind schwerwiegende Blutungen, insbesondere bei Patientinnen und Patienten, die gleichzeitig mit Gerinnungshemmern behandelt wurden oder einem gravierenden Abfall der Plättchenanzahl aufwiesen.
Alle Vorsichtsmassnahmen, Risiken und andere mögliche Nebenwirkungen sind in den Informationen für Patienten (Packungsbeilage) und in den Informationen für medizinisches Fachpersonal aufgeführt.
Begründung des Zulassungsentscheids
Die beschriebene Studie zeigte, dass Winrevair in Kombination mit einer Standardtherapie die körperliche Leistungsfähigkeit von PAH-Patienten erheblich verbessert und das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamt. Häufigste Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Nasenbluten und ein erhöhter Blutdruck waren beherrschbar. Summarisch betrachtet überwiegt der therapeutische Nutzen für die Patienten die mit der Therapie verbundenen Risiken.
Auf Grund dieser Erkenntnisse hat Swissmedic das Arzneimittel Winrevair, das den Wirkstoff Sotatercept enthält, in der Schweiz für die Behandlung von PAH zugelassen.
Weitere Informationen zum Arzneimittel
Information für medizinisches Fachpersonal:
Information für Patientinnen und Patienten (Packungsbeilage):
Weitere Fragen beantworten Gesundheitsfachpersonen.
Der Stand dieser Information entspricht demjenigen des SwissPAR. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Kurzbericht Arzneimittelzulassung ein.
In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirksamkeit oder die Sicherheit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.