Arzneimittel für neuartige Therapien umfassen sowohl die Transplantatprodukte gemäss Transplantationsgesetzgebung (z.B. somatische Zelltherapeutika und biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte), wie auch Gentherapeutika und andere Nukleinsäure-basierte Präparate, wie sie im Heilmittelgesetz und unter Berücksichtigung von Artikel 5 Absatz 2 des Gentechnikgesetzes (GTG; SR 814.91) und Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe d der Freisetzungsverordnung (FrSV; SR 814.911) definiert sind.
Nach der Freisetzungsverordnung wird biologisch aktives genetisches Material, welches DNA und RNA beinhaltet, grundsätzlich Mikroorganismen zwar gleichgestellt, jedoch nicht zwingend als Mikroorganismen betrachtet. Um diese rechtliche Ausgangslage zu berücksichtigen und die Anwendung eines risiko-basierten Ansatzes zu ermöglichen, gehören dem Begriff ATMP auch Präparate an, bei denen genetische Informationen in somatische Zellen eingeführt werden wie z.B. Oligonukleotide, Vektoren, mRNA (inkl. Impfstoffe) und antisense RNA (asRNA). Mit diesem Ansatz kann es ermöglicht werden, für gewisse unkritische Nukleinsäurepräparate Erleichterungen von bestehenden Anforderungen zu erreichen, die heute für biologisch aktives genetisches Material aufgrund der Freisetzungsverordnung gelten.
ATMP sind für viele Patientinnen und Patienten Hoffnungsträger bei Krankheiten, für die konventionelle Therapieansätze bisher unzureichend waren. Innovative Präparate auf der Basis von Genen oder Zellen eröffnen neue Wege zur Behandlung schwerer, bisher nicht behandelbarer oder chronischer Krankheiten. Um die weitere Entwicklung dieser hoffnungsvollen Präparate zu fördern und Patienten den Zugang zu diesen Therapien zu erleichtern, wird Swissmedic den bestehenden Nutzen/Risiko Ansatz auf alle zu den ATMP gehörenden Präparate ausweiten und die möglichen Erleichterungen in einer Guideline definieren. Die von Swissmedic vorgenommene umfassendere Definition von ATMP-Produkten berücksichtigt auch die internationale Entwicklung und definiert dafür die geeigneten Rahmenbedingungen auf der Basis der Nutzen/Risiko-Beurteilung. Damit leistet Swissmedic auch einen wesentlichen Beitrag um nachhaltig die Forschung mit solchen Produkten in der Schweiz zu erleichtern sowie ihre rasche Verfügbarkeit für die Patienten zu ermöglichen.
Nicht nur die Entwicklung, sondern auch die Bewilligungs- und Zulassungsprozesse für innovative Therapeutika sind anspruchsvoll und müssen der besonderen Komplexität und Individualität dieser Präparate Rechnung tragen. ATMP sind Arzneimittel oder Produkte, die den Arzneimitteln gleichgestellt sind, und somit sämtlichen Anforderungen der Heilmittelgesetzgebung unterworfen sind.
Die am 1. Januar 2022 aus der Einheit Transplantatprodukte (TpP) hervorgegangene Abteilung Advanced Therapy Medicinal Products (ATMP) ist verantwortlich für die regulatorische und wissenschaftliche Betreuung von ATMP und verwandten Präparaten oder Verfahren. Die Abteilung ATMP fördert die Forschung und Entwicklung in diesem Gebiet und bietet wissenschaftliche und verfahrenstechnische Beratungen (Scientific Advice/Pre-Submission Meetings) an. Indem Swissmedic diese Aktivitäten bündelt, schafft sie einen innovationsfördernden Rahmen, damit Patientinnen und Patienten möglichst rasch Zugang zu wirksamen, qualitativ hochstehenden und sicheren Arzneimitteln für neuartige Therapien erhalten.
Neben den ATMP bearbeitet die neue Abteilung auch autologe Transplantate und andere neuartige Therapien wie etwa Bakteriophagen, Mikrobiota-Transfer, Blut- und Pathogen-Inaktivierungsverfahren sowie Verfahren für nicht standardisierbare Arzneimittel. Die Abteilung ATMP führt im Weiteren Inspektionen durch, stellt Betriebsbewilligungen aus, beurteilt die Prüfmedikation und bewilligt klinische Studien, entscheidet über Zulassungsgesuche und überwacht die entsprechenden Präparate nach der Marktzulassung.