Trotz Warnhinweisen in den Arzneimittelinformationen kommt es bei der Anwendung von Octenisept® immer wieder zu Fehlanwendungen, die schwerwiegende Gewebeschädigungen zur Folge haben. Der Wirkstoff Octenidin kann bei zu langer Kontaktzeit Schwellungen und Gewebeschäden verursachen und darf deshalb nicht zum Spülen von parodontalen Taschen, Wurzelkanälen oder Wundhöhlen verwendet werden. Das Wund- und Schleimhautantiseptikum ist ausschliesslich zur oberflächlichen Anwendung bestimmt.
Octenisept® und Fehlanwendung zur Spülung tiefer Wunden
Daten Ereignis |
Beschreibung |
---|---|
Jahr: 2020 Alter: Kind Geschlecht: weiblich Arzneimittel: Octenisept Wirkstoffe: Octenidin, Phenoxyethanol Indikation: Wunddesinfektion UAW: Zellulitis, Myositis, Fasziitis der Plantarmuskeln, Medikationsfehler Outcome: recovering |
Ein Mädchen wurde in die Notaufnahme gebracht, nachdem sie sich beim Gehen einen Nagel in die Fusssohle gestochen hatte. Die Wunde wurde reichlich mit Octenisept gespült und die Patientin mit einer antibiotischen Prophylaxe nach Hause entlassen. Zwei Tage später bildete sich im Bereich der Läsion ein Ödem mit lokalisierter Rötung. Zunächst wurde unter dem Verdacht auf eine Infektion eine intravenöse antibiotische Therapie begonnen. Da sich der Befund nicht besserte, wurde eine MRI Untersuchung durchgeführt. Dies ergab eine Myositis sowie eine perimuskuläre Fasziitis der Plantarmuskeln ohne Abszessbildung. Nach wochenlanger Hospitalisation mit Antibiotikatherapie, Ruhigstellung sowie entzündungshemmenden Massnahmen, konnte das Mädchen entlassen werden. Die Ursache wurde als nicht infektiös sondern entzündlich eingestuft als Folge der initialen tiefen Spülung mit Octenisept. |
Fazit und Empfehlung
Gewebsnekrosen, Erytheme sowie persistierende Ödeme sind mögliche unerwünschte Arzneimittelwirkungen (unbekannte Häufigkeit), die nach Spülung tiefer Wunden mit Octenisept auftreten können.
Sowohl in der Arzneimittelinformation (Abschnitt «Warnhinweise», siehe Boxed Warning) als auch auf einem Aufdruck der Primärverpackung wird darauf hingewiesen, dass Octenisept nicht mittels Spritze in die Tiefe des Gewebes eingebracht werden darf und nur zur oberflächlichen Anwendung bestimmt ist (Auftragen mittels Tupfer oder Aufsprühen).
Trotz dieser Warnhinweise werden immer wieder Fälle gemeldet, in denen die Spülung tiefer Wunden unter Druck zu schwerwiegenden Komplikationen mit Gewebeschädigungen geführt hat.
Gesetzliche Meldepflicht unerwünschter Arzneimittelwirkungen (UAW) durch medizinische Fachpersonen
In der Schweiz müssen medizinische Fachpersonen, die zur Abgabe oder Anwendung von Arzneimitteln berechtigt sind, schwerwiegende und/oder bislang nicht bekannte Nebenwirkungen melden. Meldungen an Swissmedic können mit dem Elektronischen Vigilance-Meldeportal «ElViS» erfasst und übermittelt werden (ElViS-Login).
Ergänzende Informationen
Arzneimittelinformationen
(www.swissmedicinfo.ch)