Orale Darreichungsformen von Methotrexat werden bei der Behandlung von entzündlichen Autoimmunerkrankungen als niedrige Einzeldosis einmal wöchentlich angewendet. Die versehentlich tägliche Einnahme einer Dosis, die einmal wöchentlich einzunehmen ist, kann zu einer Überdosierung mit schwerwiegenden Folgen und möglicherweise sogar tödlichem Ausgang führen.
Risiko der Überdosierung von Methotrexat durch Anwendungsfehler
Daten Ereignis |
Beschreibung |
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Fall: 2022 Alter: 72 Jahre Geschlecht: weiblich Arzneimittel: Methotrexat und Endoxan® Wirkstoffe: Methotrexat und Cyclophosphamid Indikation: Palliative Therapie UAW: akzidentelle Überdosierung, Panzytopenie, Stomatitis, Anstieg der Leberenzyme Outcome: erholt |
Einer Patientin mit Brustkrebs im Stadium IV mit Knochen-, Leber- und Peritonealmetastasen wurde eine ambulante palliative Chemotherapie per os mit Methotrexat und Cyclophosphamid verordnet. Methotrexat wurde in einer Dosierung von 2 x 2,5 mg 1-0-1 am Dienstag und Freitag verschrieben. Irrtümlich nahm die Patientin 2 x 2,5 mg Metothrexat pro Tag an 8 aufeinanderfolgenden Tagen ein. Mit einer Mukositis, Panzytopenie und Lebertoxizität musste sie notfallmässig stationär eingewiesen werden. Die Chemotherapie wurde abgebrochen, ein Thrombozytenkonzentrat transfundiert und das Knochenmark mit Filgrastim® stimuliert, was im Weiteren zu einem günstigen Verlauf führte. |
Fall: 2023 Alter: 80 Jahre Geschlecht: männlich Arzneimittel: Methotrexat 20mg/Woche p.o. Wirkstoffe: Methotrexat Indikation: Seropositive rheumatoide Arthritis UAW: Neutropenie, Anämie, Thrombozytopenie, Gastrointestinale Mukositis, akzidentelle Überdosierung Outcome: gebessert |
Nach einem Krankenhausaufenthalt wegen eines Subduralhämatoms mit chirurgischer Drainage bemerken die Angehörigen einen Tag nach Rückkehr nach Hause einen Rückgang des Allgemeinzustands mit Inappetenz. Bei der Re-hospitalisation zeigt die Eintrittsuntersuchung eine schwere Mukositis des Verdauungstrakts (orale Mukositis, Odynophagie) und eine laborchemisch festgestellte Panzytopenie. Die Akten des vorangegangenen Krankenhausaufenthalts zeigen, dass seit dem chirurgischen Eingriff Methotrexat 20 mg 1x täglich statt 1x wöchentlich verordnet wurde. Nach Behandlung mit Filgrastim® und Folinsäure zeigte sich ein günstiger Verlauf und der Patient konnte gebessert nach Hause entlassen werden. |
Fazit und Empfehlung
Bereits 2012 haben Swissmedic und die Stiftung für Patientensicherheit auf schwerwiegende Zwischenfälle aufmerksam gemacht, die auf die tägliche statt wöchentlicher Verabreichung von niedrig dosiertem Methotrexat bei Patienten mit rheumatoider Arthritis und Psoriasis zurückzuführen sind. In diesen Indikationen liegt die normale wöchentliche Dosis bei 10-15 mg. Wird eine solche Dosis täglich eingenommen, führt dies zu schweren Vergiftungen, manchmal mit tödlichem Ausgang. Obwohl Fehler mit der täglichen statt wöchentlicher Einnahme von Methotrexat seit langem bekannt sind, kommt es immer wieder zu vermeidbaren und schwerwiegenden Fällen von falscher Tagesdosis.
Fehler im Zusammenhang mit Methotrexat treten auf allen Ebenen der Schnittstellen des Versorgungsprozesses auf: Verschreibung durch Ärzte, Verabreichung durch Pflegepersonal oder Familienangehörige, Abgabe in Apotheken oder Verabreichung durch Patienten, falsche oder unvollständige Kommunikation. Es ist wichtig, dass die betroffenen Patientinnen und Patienten vom Fachpersonal sorgfältig instruiert und beaufsichtigt werden. Beim Auftreten von Symptomen einer möglichen Überdosierung wie Mukositis/Stomatitis, Anämie, Leukopenie, Thrombozytopenie oder akutem Nierenversagen muss eine allenfalls erhöhte Einnahmefrequenz umgehend überprüft werden.
Auf internationaler Ebene haben mehrere Organisationen nützliche Empfehlungen zur Vermeidung von Methotrexat-Überdosierungen veröffentlicht. Auch in der Schweiz sollten diese Empfehlungen unter Einbeziehung aller Leistungserbringer konsequent umgesetzt werden. Die Warnhinweise in den Arzneimittelinformationen und in den Publikationen zur Arzneimittelsicherheit (DHPC) sind unbedingt zu beachten. Patientinnen und Patienten müssen auf die korrekte Anwendung aufmerksam gemacht werden.
Gesetzliche Meldepflicht unerwünschter Arzneimittelwirkungen (UAW) durch medizinische Fachpersonen
In der Schweiz müssen medizinische Fachpersonen, die zur Abgabe oder Anwendung von Arzneimitteln berechtigt sind, schwerwiegende und/oder bislang nicht bekannte Nebenwirkungen melden. Meldungen an Swissmedic können mit dem Elektronischen Vigilance-Meldeportal «ElViS» erfasst und übermittelt werden (ElViS-Login).
Referenzen
- Quick-Alert N. 28 (V2): Sovradosaggio di metotressato, 29.09.2023.
- Brühwiler LD, Gresch SJ, Schwappach DLB. Implementation status of safety measures to prevent errors with non-oncologic methotrexate: surveys in community and hospital pharmacies. Int J Clin Pharm. 2023 Jun;45(3):739-747.
- Institute for Safe Medicine Practices (ISMP). ISMP Targeted Medication Safety Best Practices for Hospitals. https://www.ismp.org/sites/default/files/attachments/2020-02/2020-2021%20TMSBP-%20FINAL_1.pdf. Published February 21, 2020. Accessed January 12, 2022.
Siehe auch