Verdachtsmeldungen unerwünschter Wirkungen der Covid-19-Impfstoffe in der Schweiz

05.07.2024

Seit dem abschliessenden Standardbericht der Verdachtsmeldungen unerwünschter Wirkungen der Covid-19 Impfungen in der Schweiz von Ende Februar 2023 sind zusätzlich 720 Verdachtsmeldungen evaluiert worden. Bei bisher schätzungsweise 17 Millionen in der Schweiz verabreichten Impfdosen1 hat Swissmedic bis zum 30. Juni 2024 insgesamt 17’575 Verdachtsmeldungen von Impfreaktionen in Zusammenhang mit den Covid-19-Impfstoffen ausgewertet.

Davon sind 10'626 (60,5 %) Meldungen als «nicht schwerwiegend» registriert, 6'949 (39,5 %) wurden – mehrheitlich von den Meldenden selbst – als «schwerwiegend» deklariert2. In diesen Meldungen liegt das mittlere Alter der Betroffenen bei 52,7 Jahren.

Über alle Meldungen hinweg gesehen sind bekannte Impfreaktionen wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Müdigkeit, Schüttelfrost, Rötungen, Schmerzen oder Schwellungen im Bereich der Injektionsstelle sowie Übelkeit am Häufigsten. Dies entspricht den Reaktionen, die auch in den Zulassungs- und Überwachungsstudien nach der Markteinführung festgestellt wurden.

Vereinzelt werden im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung gegen Covid-19 länger anhaltende Symptome beschrieben, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Betroffenen führen und auch nach einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 als Post- oder Long-Covid3 auftreten können. Die geschilderten Symptome sind sehr vielfältig und zeigen teilweise Gemeinsamkeiten mit der Long-Covid Erkrankung sowie dem chronischen Müdigkeitssyndrom (Myalgische Enzephalomyelopathie/ChronicFatigue Syndrome, abgekürzt ME/CFS)4. Es ist zurzeit wissenschaftlich noch nicht abgeklärt, wie im Hinblick auf die sehr hohe Infektionsrate mit SARS-CoV-2 eine Abgrenzung zu Long-Covid erfolgen kann. Swissmedic evaluiert entsprechende Meldungen gründlich, analysiert kontinuierlich die neusten Erkenntnisse aus der Arzneimittelsicherheit, verfolgt die medizinisch-wissenschaftliche Fachliteratur und tauscht sich regelmässig mit internationalen Partnerbehörden aus.

Inwieweit länger andauernde Beschwerden bei geimpften Personen tatsächlich auf die Impfung zurückzuführen sind, muss durch sorgfältige Diagnosen und vertiefte Analysen geprüft werden. Swissmedic ruft medizinische Fachpersonen auf, entsprechende Verdachtsfälle mit den notwendigen Angaben zur medizinischen Vorgeschichte und zur durchgeführten Diagnostik zu melden, damit alle verfügbaren klinischen Informationen für die wissenschaftliche Bewertung begutachtet werden können.

1 Dies umfasst sowohl die Grundimmunisierungen wie auch die Auffrischimpfungen (Booster). Die Angabe basiert auf den letzten, per 3. Juli 2023 verfügbaren Daten des Covid-⁠19 Dashboard Schweiz (www.covid19.admin.ch)

2 Die Meldenden definieren bei der Erfassung selber, ob sie die Reaktionen als schwerwiegend oder nicht schwerwiegend einstufen. Gemäss internationaler Pharmakovigilanz-Praxis wird diese Kategorisierung durch Swissmedic bei der Evaluation nur ausnahmsweise angepasst, wenn beispielsweise als «nicht schwerwiegend» gemeldete Ereignisse aufgrund weiterer Informationen als «schwerwiegend» einzustufen sind.

3 Long-Covid ist kein einheitliches Krankheitsbild, sondern beinhaltet verschiedene mögliche gesundheitliche Langzeitfolgen nach einer vorangegangenen SARS-CoV-2-Infektion. Gemäss WHO umfasst «Long Covid» Krankheitssymptome, die 3 Monate nach einer (ersten) Covid-Infektion andauern oder sich neu entwickeln, wobei diese gesundheitlichen Beschwerden mindestens 2 Monate lang anhalten und nicht anderweitig erklärbar sind. Die vielfältigen, unterschiedlich lang dauernden Symptome können allein oder auch in Kombination auftreten, längerfristig bestehen bleiben oder sich wiederholt manifestieren, so dass die Lebensqualität stark beeinträchtigt ist. Die zugrundeliegenden Mechanismen sind noch nicht ausreichend geklärt, wobei laufend neue Forschungserkenntnisse hinzukommen. Gestützt auf Studien ist nachvollziehbar, dass bei vielen Betroffenen Störungen im T-zellulären Immunsystem vorliegen. Entsprechende Reaktionen können aber auch durch andere Viren-Infektionen ausgelöst werden.

4 Im Zusammenhang mit den Covid-19-Impfungen werden bestimmte, sehr heterogene und in der Regel länger andauernde Beschwerden bei geimpften Personen, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung gegen Covid-19 aufgetreten sind, auch als «Post-Vac-Syndrom» bezeichnet. Derzeit gibt es noch keine einheitliche, anerkannte Definition dieses Syndroms.


Geschlechts- und Altersunterschiede

10’786 (61,4 %) der zwischen 1.1.2021 und 30.6.2024 erhaltenen Meldungen beziehen sich auf Frauen, 6’243 (35,5 %) betreffen Männer. In manchen Meldungen fehlen Angaben zum Geschlecht. Es gibt verschiedene Gründe (biologische Unterschiede, soziale Faktoren wie Gesundheitsbewusstsein, differenziertes Verhalten bei Gesundheitskommunikation und -fürsorge), weshalb Frauen Arzneimittel-Nebenwirkungen häufiger melden als Männer.

Verdachtsmeldungen unerwünschter Arzneimittelwirkungen (UAW) der Covid-19-Impfstoffe sind in der Altersgruppe der 18- bis 44-Jährigen am häufigsten, gefolgt von der Altersgruppe der 45- bis 64-Jährigen. In über 2'000 Fällen fehlen Altersangaben. Die Betroffenen waren im Durchschnitt 50 Jahre alt.

Impfreaktionen

Eine Meldung enthält meistens mehr als eine Reaktion. Insgesamt wurden 54’920 Reaktionen gemeldet, was durchschnittlich 3,1 Reaktionen pro Fall entspricht. Zu allen Covid-19 Impfstoffen wurden folgende Impfreaktionen am häufigsten gemeldet:

Bei den 10'626 als nicht schwerwiegend («non serious») klassifizierten Meldungen wurden folgende Impfreaktionen am häufigsten gemeldet:

Unter den 6'949 als schwerwiegend («serious») eingestuften Meldungen wurden folgende Impfreaktionen am häufigsten gemeldet:

In 249 der schwerwiegenden Fälle wurde über einen Todesfall in unterschiedlichem Abstand zur Impfung berichtet. Die Verstorbenen waren im Durchschnitt 77,4 Jahre alt. Trotz der zeitlichen Assoziation konnte basierend auf den jeweils eingereichten und ausgewerteten Unterlagen keine Kausalität abgeleitet werden. Auch international weisen kontrollierte Beobachtungsstudien nicht auf eine erhöhte Sterblichkeit nach Covid-19-Impfungen hin.

Meldequellen

Angehörige von Gesundheitsberufen sind gemäss Heilmittelgesetz (HMG) verpflichtet, schwerwiegende Nebenwirkungen oder bisher nicht oder noch ungenügend bekannte unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) an Swissmedic zu melden. 

44,5 % (7'818) der Meldungen erfolgten durch medizinische Fachpersonen. Bürgerinnen und Bürger dürfen vermutete Nebenwirkungen von Arzneimitteln ebenfalls melden. 55,5 % (9’757) der Berichte kamen von Direktbetroffenen oder von Angehörigen der Patientinnen und Patienten.

 

Nach der Markteinführung erkannte und wissenschaftlich bestätigte unerwünschte Arzneimittelwirkungen wurden in die Arzneimittelinformationen aufgenommen. Es gibt aktuell weder aus der Schweiz noch aus internationalen Daten belegte Hinweise, dass die Risiken der nach den Impfempfehlungen eingesetzten Impfstoffe grösser sind als ihr Nutzen.

Covid-19-Impfungen mit aktualisierten Impfstoffen gewährleisten vor allem Risikogruppen weiterhin einen zuverlässigen Schutz vor schweren Verläufen der Covid-19-Krankheit.

Im jährlichen Vaccinovigilance-Bericht zur Sicherheit der in der Schweiz eingesetzten Impfstoffe werden auch die Covid-19-Impfstoffe ausgewiesen. Sofern neue relevante Erkenntnisse offenbar werden, informiert Swissmedic über die üblichen Kanäle (Mitteilungen zur Arzneimittelsicherheit, Swissmedic Vigilance-News, DHPC).

Pharmacovigilance / Disclaimer

Bei Markteinführung eines Arzneimittels sind in der Regel weder Langzeiteffekte noch seltene unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) bekannt. Auch ganz spezifische Risikogruppen sind in den Zulassungsstudien nicht oder nicht ausreichend vertreten. Deshalb müssen neue, aber auch bereits länger eingeführte Arzneimittel während ihres gesamten Lebenszyklus kontinuierlich überwacht werden, um Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität zu gewährleisten.

Neben grossen klinischen Studien ist das Spontanmeldesystem der Pharmacovigilance ein wesentliches Element der Arzneimittelsicherheit, um Veränderungen des Nutzen-Risiko-Verhältnisses von Arzneimitteln zu verfolgen. Bei den Covid-19-Impfstoffen stehen dank der breiten Anwendung mit weltweit Milliarden verabreichter Dosen umfangreiche Anwendungsdaten zur Verfügung, um Sicherheitssignale frühzeitig zu identifizieren.

Die eingehenden Meldungen der vermuteten unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) nach Covid-19-Impfungen werden in Zusammenarbeit mit den regionalen Pharmacovigilance-Zentren, insbesondere mit dem Tessiner Referenzzentrum beim Kantonsspital-Verbund EOC, evaluiert.

Bei der Interpretation der Daten muss aufgrund der Methodik des Spontanmeldesystems folgendes beachtet werden:

  • Spontanmeldungen dienen in erster Linie dazu, bislang unbekannte Risiken von Arzneimitteln bzw. Impfstoffen zu identifizieren. Aus Spontanmeldungen lassen sich keine tatsächlichen Häufigkeiten von Nebenwirkungen ableiten.
  • Die Angaben basieren auf Verdachtsmeldungen, die Swissmedic von medizinischen Fachpersonen, Betroffenen oder pharmazeutischen Firmen erhält und die nach Prüfung und Bewertung in der Datenbank erfasst wurden.
  • Bei allen gemeldeten Reaktionen handelt es sich um Verdachtsfälle. Das heisst, im Einzelfall ist nicht gesichert, ob die gemeldete Reaktion lediglich in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung beobachtet oder tatsächlich durch die Impfung verursacht wurde.
  • Im Rahmen der sorgfältigen Analyse der Fälle wird auch die mögliche Kausalität geprüft. Auf der anderen Seite werden nicht alle Reaktionen gemeldet, daher lassen sich aus den dargestellten Zahlen keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die Zahl der tatsächlich aufgetretenen Reaktionen ziehen.