Project Orbis: Schnellerer Zugang zu vielversprechenden Krebsbehandlungen

Wissenschaftliche Analyse bestätigt: Beteiligung von Swissmedic an internationaler Initiative zur Förderung innovativer Onkologika ist erfolgreich

29.05.2024

Das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic beteiligt sich seit 2020 am «Project Orbis». Die vom «Oncology Center of Excellence» der US-amerikanischen Heilmittelbehörde FDA initiierte Initiative erlaubt internationalen Partnerbehörden, Zulassungsgesuche im onkologischen Umfeld parallel zu begutachten. Die FDA übernimmt die Hauptkoordination. Jedes beteiligte Land bleibt aber bezüglich des abschliessenden Zulassungsentscheids vollständig unabhängig.

Expertinnen und Experten der Swissmedic haben den Einfluss des Programms auf die Einreichungs- und Überprüfungsprozesse von Arzneimittelzulassungen in der Schweiz wissenschaftlich ausgewertet. Ziel war es, die Auswirkungen aus der Sicht von Swissmedic zu bewerten.

Dank der simultanen Begutachtung konnten der «Submission Gap» (Differenz zwischen dem Einreichungszeitpunkt bei verschiedenen Behörden) und die Begutachtungsdauer innovativer Krebsmedikamente deutlich reduziert werden. Damit erhalten Patientinnen und Patienten rascher Zugang zu vielversprechenden neuen Krebstherapien. Diese erfolgreiche internationale Zusammenarbeit soll auch künftig weitergeführt werden.

Swissmedic ist seit 2020 am «Project Orbis» der FDA beteiligt. Im Rahmen von Project Orbis können Zulassungsgesuche für neue Krebsmedikamente und neue Indikationen bei verschiedenen Heilmittelbehörden koordiniert eingereicht und von diesen parallel geprüft werden. Ziel von Orbis ist es, Patientinnen und Patienten länderübergreifend rasch Zugang zu innovativen Krebstherapien zu ermöglichen, indem der Submission Gap1 verringert wird und über Gesuche schneller – und trotzdem unabhängig – entschieden werden kann.

Expertinnen und Experten von Swissmedic und der Onkologieabteilung des Universitätsspitals Genf (HUG) haben die Auswirkungen des Project Orbis während der ersten zwei Jahre überprüft. Die in der wissenschaftlichen Zeitschrift «The Lancet Oncology» publizierte Analyse vergleicht Einreichungsdaten, die Rate positiver oder negativer Zulassungsentscheide sowie die bewilligten Indikationen für Gesuche, die bei Swissmedic und der FDA in- und ausserhalb des Project Orbis eingereicht wurden.

Dabei wurden 31 zwischen 1. Januar 2020 und 31. Dezember 2021 eingereichte Zulassungsgesuche für neue aktive Substanzen und Indikationserweiterungen für Onkologika, die im Rahmen des Project Orbis (Orbis-MAA2) begutachtet wurden, sowie 41 ausserhalb des Projekt Orbis behandelte Zulassungsgesuche (non-Orbis-MAA) verglichen.

Für die Analyse der Durchlaufzeiten wurden Zulassungsentscheide bis zum 30. Juni 2022 bewertet, während für den Vergleich der Zustimmungen oder Ablehnungen die zwischen Januar 2009 und Dezember 2018 ausserhalb des Project Orbis eingereichten und beurteilten Onkologie-Zulassungsgesuche berücksichtigt wurden.

Der Submission Gap3 zwischen dem Datum der Einreichung bei der Referenzbehörde FDA und der Einreichung bei Swissmedic betrug 33 Tage für Orbis-MAA gegenüber 168 Tagen für non-Orbis-MAA. Die Überprüfungszeit3 bei Swissmedic betrug 235,5 Tage für Orbis-MAA gegenüber 314 Tagen für non-Orbis-MAA.

Bei den Neuanmeldungen neuer aktiver Substanzen (NA NAS) entschieden Swissmedic und FDA in 88 % (Orbis-MAA) respektive in 82 % (non-Orbis-MAA) der Fälle identisch. Die Zulassungsrate für NA NAS liegt somit in der Schweiz – auch unter Einbezug im 10-Jahres-Vergleich vor Orbis – konstant zwischen 82 % und 88 %. Die Swissmedic-Zulassungsraten (NA NAS und Indikationserweiterungen) waren bei den in- und ausserhalb des Project Orbis eingereichten Gesuchen sehr ähnlich (77 % für Orbis-MAA und 76 % für non-Orbis-MAA). Abweichende Entscheidungen zwischen den Behörden ergaben sich somit eher bei Indikationserweiterungen als bei den NA NAS Gesuchen.

Die Interpretation der Ergebnisse zeigt, dass die Teilnahme an Project Orbis die Einreichungs- und Überprüfungszeiten für Zulassungsgesuche in der Onkologie bei Swissmedic signifikant verkürzt und die Übereinstimmung bei Zulassungsentscheidungen zwischen den beiden Behörden erhöht hat. Die Initiative leistet einen Beitrag, innovative Krebsmedikamente für Patientinnen und Patienten in der Schweiz rascher verfügbar zu machen.

Die optimierten Zulassungsprozesse für innovative Arzneimittel gingen und gehen dabei nicht zulasten der Patientensicherheit, sondern erfolgen stets auf der nötigen Evidenzbasis bei einer Nutzen-Risiko-Abwägung. Dies ist einer der Gründe, dass es bei wenigen Gesuchen auch zu unterschiedlichen Entscheidungen zwischen beiden Behörden kommen kann.

Die positiven Erfahrungen mit parallelen Überprüfungsansätzen zwischen Behörden könnten über die Onkologie hinaus in anderen Therapiegebieten einen Beitrag leisten, einen Submission Gap zu reduzieren und Arzneimittelzulassungen für innovative Medikamente zu beschleunigen.

[1] Der Submission Gap ist definiert als Zeit zwischen dem Datum der Einreichung bei der Referenzbehörde und dem Datum der Einreichung bei Swissmedic.

[2] Marketing Authorisation Applications

[3] Medianwerte