Der Bundesrat hat am 4. Mai 2022 die neue Verordnung über In-vitro-Diagnostika (IvDV) sowie den Änderungserlass der Verordnung über klinische Versuche mit Medizinprodukten (KlinV-Mep) verabschiedet. Ziel der neuen Regulierung ist die Verbesserung der Patientensicherheit durch strengere Vorgaben für die Konformitätsbewertung und die Überwachung nach dem Inverkehrbringen. Die neuen gesetzlichen Vorgaben treten am 26. Mai 2022 in Kraft, gleichzeitig mit der Anwendung der IVDR in der EU. Klinische Versuche mit In-vitro-Diagnostika werden ab 26. Mai 2022 in der Verordnung über klinische Versuchen mit Medizinprodukten (KlinV-Mep) geregelt und nicht mehr in der Verordnung über klinische Versuche (KlinV).
Inkrafttreten der neuen Verordnung über In-vitro-Diagnostika (IvDV) und Änderung der Verordnung über klinische Versuche mit Medizinprodukten (KlinV-Mep)
26.05.2022
Die Schweiz hat seit 2001 eine gleichwertige Medizinprodukteregulierung wie die EU. Im Kontext der Aktualisierung des Medizinprodukterechts wäre auch eine Aktualisierung des Mutual Recognition Agreements (MRA) notwendig gewesen, um einen hindernisfreien gegenseitigen Marktzugang und eine gemeinsame Überwachung in der Schweiz und der EU zu gewährleisten. Mangels dieser Aktualisierung gelten auch für die In-vitro-Diagnostika dieselben «Drittstaatenregeln» wie seit einem Jahr für die anderen Medizinprodukte.
Situation in der EU
Die ordnungsgemässe Umsetzung der EU-Verordnung 2017/746 über In-vitro-Diagnostika (IVDR) konnte wegen den Herausforderungen der Covid-19-Pandemie, den begrenzten Kapazitäten der benannten Stellen (Konformitätsbewertungsstellen) sowie der Komplexität der Verordnung selber bis zum Geltungsbeginn am 26. Mai 2022 nicht gewährleistet werden. Deshalb erliess die EU am 25. Januar 2022 die «Verordnung (EU) 2022/112 zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/746 hinsichtlich der Übergangsbestimmungen für bestimmte In-vitro-Diagnostika und des späteren Geltungsbeginns der Bedingungen für hausinterne Produkte». Mit diesen nach Risikoklassen abgestuften und längstens bis im Jahr 2027 dauernden Übergangsfristen, beabsichtigt die EU eine drohende Versorgungslücke zu verhindern.
Übergangsbestimmungen in der Schweiz
Diese neuen Übergangsfristen der EU wurden auch in der Schweizer Verordnung über In-vitro-Diagnostika (IvDV) entsprechend berücksichtigt. Die IvDV sieht ergänzend verschiedene Übergangsfristen und Massnahmen vor, um die Versorgung der Schweiz mit sicheren In-vitro-Diagnostika weiterhin zu gewährleisten und die negativen Auswirkungen der fehlenden MRA Aktualisierung auf die Überwachung zu dämpfen.
Insbesondere ermöglichen die Bestimmungen die einseitige Anerkennung von EU-Konformitätsbescheinigungen. Damit sollen Versorgungsstörungen mit In-Vitro-Diagnostika in der Schweiz vermindert werden. Ergänzende Vorgaben wie die Registrierung der Wirtschaftsakteure und die Meldung von schwerwiegenden Vorkommnissen bei Swissmedic sowie die Etablierung eines so genannten Schweizer Bevollmächtigten (CH-REP) für ausländische Hersteller tragen dazu bei, dass Swissmedic die Marktüberwachung trotz Ausschluss aus dem Netzwerk der EU-Behörden aufrechterhalten kann.
Um eine ausreichende Versorgung der Schweiz nicht zu gefährden, hat der Bundesrat für die Benennung des CH-REP längere Übergangsfristen festgelegt, für die meisten Produkte mehr als ein Jahr. Die Übergangsbestimmungen betreffen zudem insbesondere Registrier- und Meldepflichten.
Da kein Zugang zur europäischen Datenbank EUDAMED3 besteht, müssen Schweizer Wirtschaftsakteure (Hersteller, Importeure und Bevollmächtigte) sich bei Swissmedic registrieren und erhalten eine einmalige Registrierungsnummer («Swiss Single Registration Number» – CHRN). Die Registrierung bei Swissmedic für die Erteilung der CHRN wurde bereits am 26. Mai 2021 für die Medizinprodukte initiiert.
Zu einem späteren Zeitpunkt ist auch eine Registrierung der Medizinprodukte inkl. IvD auf dem Schweizer Markt vorgesehen.
Schwerwiegende Vorkommnisse und Sicherheitsberichte müssen mangels EUDAMED3-Zugriff weiterhin an Swissmedic gemeldet werden.
Ab dem 26. Mai 2022 werden die altrechtlichen Dokumente auf der Swissmedic Webseite durch neue Versionen ersetzt. Änderungen und neu verfügbare Dokumente werden laufend aufgeschaltet. Weil sehr viele Dokumente betroffen sind und die drei Wochen zwischen Verabschiedung und Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Vorgaben kurz bemessen sind, kann es in einzelnen Fällen zu Verzögerungen kommen.
Erleichterung der Kennzeichnungspflicht im Zusammenhang mit den Drittstaatenanforderungen
Die IvDV sieht für alle Produkte eine Erleichterung der Kennzeichnungspflicht vor, wenn diese durch Fachpersonen gehandhabt werden, also nicht zur Eigenanwendung bestimmt sind und gemäss neuem Recht in Verkehr gebracht werden. Bei diesen Produkten dürfen bis zum 31. März 2025 die Angaben des CH-REP alternativ auf einem dem Produkt beiliegenden Dokument (bspw. einem Lieferschein) angebracht werden.
Siehe auch
Das BAG nimmt im Auftrag des EDI die Anpassungen im Schweizer Medizinprodukterecht vor.
Für die MRA-Verhandlungen sowie Fragen zum Export ist das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO zuständig: