Isotretinoin und Teratogenität

Isotretinoin und Teratogenität

Isotretinoin ist stark teratogen. Es besteht ein stark erhöhtes Risiko für schwerwiegende und lebensbedrohliche kindliche Missbildungen, wenn es während der Einnahme von Isotretinoin-haltigen Präparaten - unabhängig von der Dosierung und Anwendungsdauer - zur Schwangerschaft kommt.


Isotretinoin, Teratogenität

Daten Ereignis

Beschreibung

Fall: 2023-13654        

Altersgruppe: Neugeborenes

Geschlecht:  männlich

Arzneimittel: Unbekannt   

Wirkstoff/Wirkstoffe:    Isotretinoin

Indikation: Akne         

UAW: Faziale Dysmorphie, Mikrozephalie, Entwicklungsverzögerung, Tonusregulationsstörungen, Amotio retinae beidseits

Outcome: not recovered

Bis zur 7. Schwangerschaftswoche nahm die Kindesmutter einmal täglich ein Isotretinoin-haltiges Präparat ein. Das Neugeborene zeigte in den ersten Tagen und Wochen nach der Geburt eine schwere Entwicklungsverzögerung mit Tonusregulationsstörung, athetoidem, Bewegungsmuster, Mikrozephalie, auffälliger Fazies sowie im Verlauf einer Amotio retinae beidseits. Differentialdiagnostisch gingen die behandelnden Ärzte von teratogen bedingten Symptomen im Rahmen der Isotretinoin-Therapie mütterlicherseits in der Frühschwangerschaft aus.

Fazit und Empfehlung

Isotretinoin ist ein stark teratogenes Arzneimittel. Die Anwendung während der Organogenese erhöht das Spontanabortrisiko und kann das charakteristische Retinoid-Syndrom verursachen: Fehlbildungen der Ohren (Ohrmuschelfehlbildungen wie Anotie oder Mikrotie, Agenesie oder Stenose des Gehörgangs), Störungen der Gesichts- und Gaumenbildung, Mikrognathie, kardiovaskuläre Fehlbildungen (konotrunkale Herzfehler), Thymusfehlbildungen, sowie Fehlbildungen des ZNS, die von neurologischen Schäden mit Beteiligung von Augen und Innenohr bis zum Hydrozephalus reichen. Intelligenzdefizite wurden auch bei Kindern ohne erkennbare Fehlbildungen beobachtet. Das Fehlbildungsrisiko liegt nach Exposition im 1. Trimenon bei bis zu 20 %.

Im Gegensatz zu oralem Isotretinoin wird angenommen, dass topisch applizierte Retinoide bei vorschriftsgemässer Anwendung nur zu einer geringen systemischen Exposition führen, da die Absorption durch die Haut minimal ist. Individuelle Faktoren (z.B. Hautläsionen, übermässige Anwendung) können die systemische Exposition jedoch erhöhen. Daher ist sowohl die orale Einnahme als auch die topische Anwendung kontraindiziert bei Frauen, welche eine Schwangerschaft planen. Es sei denn, dass alle Bedingungen des Schwangerschaftsverhütungsprogramms eingehalten werden (u.a. Die Patientin leidet an schwerer Akne, versteht das teratogene Risiko und die Gefahren für das ungeborene Kind, wenn sie während und innerhalb eines Monats nach Abschluss der Behandlung schwanger wird).

Kommt es zu einer Schwangerschaft unter Behandlung, so sollen die behandelnden Ärztinnen und die Patientin diskutieren, ob eine Fortsetzung der Schwangerschaft ratsam ist. Bei einer Fortsetzung wird eine engmaschige Überwachung des Herzens, des Gesichtsschädels und des zentralen Nervensystems empfohlen.

Gesetzliche Meldepflicht unerwünschter Arzneimittelwirkungen (UAW) durch medizinische Fachpersonen

In der Schweiz müssen medizinische Fachpersonen, die zur Abgabe oder Anwendung von Arzneimitteln berechtigt sind, schwerwiegende und/oder bislang nicht bekannte Nebenwirkungen melden. Meldungen an Swissmedic können mit dem Elektronischen Vigilance-Meldeportal «ElViS» erfasst und übermittelt werden (ElViS-Login).